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dunklen Backsteingebäudes sah <strong>ich</strong> einige Polizisten in Uniform stehen. Ich reagierte<br />
sofort und lief auf sie zu. Wie unschwer zu erraten ist, handelte es s<strong>ich</strong> bei dem<br />
Gebäude um die berühmte Davidswache. Über die dort diensthabenden<br />
Polizeibeamten kann man bestimmt behaupten, dass sie schon eine Menge gesehen<br />
haben, und ihnen n<strong>ich</strong>ts mehr fremd ist. Als sie jedoch die tosende Menschenmenge<br />
auf s<strong>ich</strong> zuwalzen sahen, stoben sie auseinander wie Wüstensand im Wind. Dadurch<br />
hatten wir freie Bahn, rein durch die Tür und in die Wache.<br />
Was nun folgte, spottete jeder vernünftigen Beschreibung und jede Sitcom Serie<br />
nahm s<strong>ich</strong> dagegen aus wie ein Drama von Schiller. Alle redeten durcheinander und<br />
der Großkarierte stand zwar atemlos aber in kompromissloser <strong>An</strong>griffsbereitschaft<br />
vor uns. Nach endlosen Debatten und nachdem s<strong>ich</strong> herausgestellt hatte, dass Carla<br />
keine Repräsentantin des Hamburger Nachtlebens war, und schon gar keine<br />
konkurrierende, beruhigten s<strong>ich</strong> die Gemüter zunächst. Jedenfalls für zwei Minuten.<br />
Erklären muss <strong>ich</strong>, dass man Mona Marie mit ihren damals stre<strong>ich</strong>holzkurzen Haaren<br />
und weitem Parka für einen Jungen hielt. Folgender Dialog ging den nächsten<br />
Ereignissen voraus.<br />
Mona Marie an einen Polizisten: „Wo ist bitte die Toilette?“<br />
Polizist: „Dahinten rechts, links ist für Damen!“<br />
Mona Marie schulterzuckend: „Aha!“ Und sie stolzierte natürl<strong>ich</strong> nach links.<br />
Der Polizist war überlastet und verzweifelt. „Ich habe doch gesagt....“<br />
Mit einem eleganten Hechtsprung wollte er Mona Marie den Weg zur Damentoilette<br />
abschneiden. In dem Augenblick ging die Tür auf und eine Frau trat heraus. Das<br />
heißt, sie wollte, wurde aber von dem eifrigen Beamten, der gerade mit Schwung<br />
ankam, umgerissen. Mona Marie wühlte s<strong>ich</strong> stumm und mit zusammengepressten<br />
Lippen durch das Knäuel. Sie hatte es offenbar eilig. Woraufhin der Wachtmeister<br />
hinter ihr her schrie: „Für Damen! Nur für Damen!“<br />
Das hörte eine weibl<strong>ich</strong>e Schönheit, eine perfekte Kopie von Marilyn Monroe in ihren<br />
besten Jahren. Sie stand am Waschbecken vor dem Spiegel und schminkte s<strong>ich</strong>.<br />
Das heißt, sie versuchte es – bei näherem Hinsehen konnte man feststellen, dass<br />
dieser Verschönerungsvorgang fraglos notwendig war. Bei dem Versuch blieb es, da<br />
sie es vorzog entsetzt: „Spanner!“, zu kreischen, als sie Mona Marie mit ihrer<br />
uniformierten Begleitung sah, anstatt ihre Restaurationsarbeit fortzusetzen. Das<br />
Kreischen rief nun wiederum einen muskelbepackten Beschützer mit fettigen,<br />
schwarzen Haaren und tiefliegenden Augen auf den Plan, der von zwei weibl<strong>ich</strong>en<br />
Hyänen mittleren Alters angegriffen wurde, die gerade ihre Kabinen verließen.<br />
Um es kurz zu machen, die Bewohner von St. Pauli bildeten für kurze Zeit ein Knäuel<br />
mit der Davidswache und beide Parteien waren s<strong>ich</strong> nach der Auflösung des Knotens<br />
einig, dass wir schnellstens das gastl<strong>ich</strong>e Viertel verlassen mussten. Unter<br />
Polizeischutz wurden wir zum Auto gebracht, wo uns noch schnell das Versprechen<br />
abgenommen wurde, so schnell hier n<strong>ich</strong>t wieder aufzukreuzen.