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An solchen Tagen könnte ich ...

Maggie Milton

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Wetterleuchten konnte als Schnaps getrunken oder auch als Medizin eingenommen<br />

werden. Gegen Rheuma half es, s<strong>ich</strong> einfach damit einzureiben. Um als Arznei zu<br />

wirken, wurde einfach ein starker Kräutertee anstatt mit Wasser mit Wetterleuchten<br />

aufgebrüht. Die Medizin war gegen jede Krankheit gut. Nach diesem Genuss hatte<br />

man keine Schmerzen mehr, man war gar n<strong>ich</strong>t mehr in der Lage, überhaupt noch<br />

was zu fühlen und sah die Umgebung aus einer völlig neuen Perspektive.<br />

Nun, Tante Gertrude und Tante <strong>An</strong>na brachten zwei Flaschen von diesem<br />

Muntermacher, versehen mit sehr hübschen Etiketten in blau und rot, mit zu unserer<br />

Hochzeitsfeier. So gegen Mitternacht goss irgendjemand das Zeug in eine Karaffe<br />

und stellte sie auf den Tisch. Einige Tropfen gingen daneben, fraßen s<strong>ich</strong> durch das<br />

Tischtuch und in die Politur der Tischplatte. <strong>An</strong> der gegenüberliegenden Seite des<br />

Raumes fielen zwei Fliegen von der Wand. Man achtete sorgfältig darauf, dass das<br />

Getränk n<strong>ich</strong>t in die Nähe der Kerzenflammen kam, bis Carla nach Mitternacht<br />

anfing, einen Striptease auf dem Tisch hinzulegen und dazu den Song aus dem<br />

Blauen Engel schmetterte - und zwar zieml<strong>ich</strong> hingebungsvoll. Bei einem besonders<br />

schrillen Ton fiel ein Kerzenleuchter um, und im Nu fingen die Tischdecken Feuer.<br />

Die Gäste rannten nach Wasser und Carla nahm die nächstbeste Karaffe und<br />

schüttete den Inhalt ins Feuer.<br />

Da es s<strong>ich</strong> dabei um Wetterleuchten gehandelt hatte, bekamen wir anschließend<br />

Hausverbot und unsere Haftpfl<strong>ich</strong>tvers<strong>ich</strong>erung kündigte uns.<br />

Eine Seefahrt ist n<strong>ich</strong>t lustig<br />

Eine meiner im Nachhinein unerquickl<strong>ich</strong>en Ideen war eine Fahrt nach Helgoland.<br />

Eigentl<strong>ich</strong> sollte es eine lustige Seefahrt mit einem gemütl<strong>ich</strong>en Aufenthalt auf der<br />

Insel werden. Der Tag fing schon heiter an, damit meine <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t das Wetter. Es war<br />

kalt und sehr windig. Das Schiff schlingerte und schaukelte auf gischtsprühenden<br />

Wellen und mir wurde übel.<br />

Mona Marie und Carla ging es aber ausgesprochen gut. Beide wollten unbedingt auf<br />

dem Kahn frühstücken. Im Esssaal beherrschte eine stickige Luft das Geschehen<br />

und das Stampfen der Maschinen, das man hier ganz deutl<strong>ich</strong> spürte, gab mir den<br />

Rest.<br />

Mir kamen verdächtige, pelzige Luftblasen im Hals hoch. Das veranlasste m<strong>ich</strong>, die<br />

beiden an ihrem Tisch allein sitzen zu lassen und <strong>ich</strong> ging an Deck. Kaum hatte <strong>ich</strong><br />

es betreten, wunderte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong>, dass die Leute vor mir s<strong>ich</strong> plötzl<strong>ich</strong> duckten. <strong>An</strong>statt<br />

es ihnen gle<strong>ich</strong>zutun reckte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> höher, weil <strong>ich</strong> neugierig war. Und dann kam sie<br />

– die Welle. Dunkelgrau, mit weißer Krone schwappte sie über die Reling, über die<br />

gebückten Leiber, schien kurz zu überlegen und erwischte m<strong>ich</strong> dann mit voller<br />

Breitseite von oben bis unten. Meine Haare, mein bester schwarzer <strong>An</strong>zug, meine<br />

Schuhe, alles tropfte von dem Salzwasser. Wenn <strong>ich</strong> daran denke, durchlaufe <strong>ich</strong><br />

heute nochmals die gesamte Skala der Pein.

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