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„Das Beste kommt noch.“, erklärte Mona Marie und steckte eine Büchse Dosenmilch<br />
in die Tasche. „Du besorgst unterwegs Kondome und wir füllen ein klein wenig Milch<br />
da hinein. Dann werfen wir ein paar in den Garten und vor die Haustür.“<br />
So kam es, dass wir im Dunkeln dort ankamen, aber das L<strong>ich</strong>t im Haus ging erst um<br />
ein Uhr aus. <strong>An</strong>scheinend waren Tante und Onkel von ihrer Gewohnheit abgew<strong>ich</strong>en<br />
und gingen später als normal zu Bett. Dann begannen wir mit unserer Arbeit.<br />
Als wir uns ein paar Monate später wieder sahen, erzählte Rosa meiner Mutter mit<br />
klackendem Gebiss und voller Empörung: „Stell dir mal vor, in unserem Garten<br />
haben Leute geheckt und Walter musste die Gummis mit der Schaufel wegräumen!“<br />
Aufgeregt ber<strong>ich</strong>tete sie uns, dass sie an diesem Tage schon früh um sieben Uhr aus<br />
dem Bett geklingelt wurden, weil ungefähr zehn Personen Kartoffeln zu kaufen<br />
begehrten. Später meldeten s<strong>ich</strong> drei Interessenten, die unbedingt ein Zimmer<br />
mieten wollten und ein Mann war völlig auf Walters alten Käfer abgefahren.<br />
Außerdem ließ der örtl<strong>ich</strong>e Schlesierverein eine Sammelbüchse herumgehen, weil<br />
man Mitglieder wie Rosa und Walter in finanziellen Nöten prinzipiell n<strong>ich</strong>t im St<strong>ich</strong><br />
lassen konnte.<br />
Mona Marie murmelte etwas, das so klang wie: „Wer tut denn so was!“, und verließ<br />
unter einem fadenscheinigen Vorwand feige den Raum. Ich griff zu einem der billigen<br />
Kekse, die meine Tante mitgebracht hatte verschluckte m<strong>ich</strong> prompt weil sie so<br />
trocken waren. Meiner Mutter kam das auffallend gelegen, weil sie mir nun<br />
gezwungenermaßen heftig auf den Rücken klopfen musste. Das hatte den Vorteil,<br />
dass sie Rosa für einige Minuten n<strong>ich</strong>t in die Augen sehen musste.<br />
Cousine Carla<br />
Die <strong>An</strong>zahl meiner Verwandten war n<strong>ich</strong>t gerade üppig. Allerdings zählte meine<br />
Cousine Carla für gut zwanzig Personen. Mona Marie pflegte zu sagen, dass ihre<br />
Familie Carla wahrscheinl<strong>ich</strong> als Kind bereits ertränkt hätte wie bösartige Menschen<br />
einen Wurf junger Katzen.<br />
Tatsächl<strong>ich</strong> war Carla eine mittlere Katastrophe. Wo sie auftauchte, breitete s<strong>ich</strong> das<br />
Unglück mit L<strong>ich</strong>tgeschwindigkeit aus, die Erde bebte n<strong>ich</strong>t nur, sie tat s<strong>ich</strong> auf. Carla<br />
war die Inkarnation des Chaos. Ein Synonym für Pech. Mona Maries Wangen färbten<br />
s<strong>ich</strong> bereits himbeerrot, wenn Carla auch nur im <strong>An</strong>marsch war.<br />
Ich pflegte dann zu sagen: „Ach, übertreibe bitte n<strong>ich</strong>t so. Na gut, sie flippt manchmal<br />
ein wenig aus, meint es aber nie böse! Obwohl ... bei ihrem <strong>An</strong>blick muss <strong>ich</strong> immer<br />
an einen Korb voller Nägel denken, der zu d<strong>ich</strong>t an einer Tischkante steht.“<br />
Ehrl<strong>ich</strong> gesagt versuche <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> heute noch zu sammeln, was infolge der Gedanken<br />
an Carla, die eine albtraumhafte bunte Polonaise in meinem Hirn vollführen, n<strong>ich</strong>t<br />
einfach ist.