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Als <strong>An</strong>twort neigte s<strong>ich</strong> der Kahn gerade nach rechts, und die Terrine rutschte von<br />
allein zu Carla hinüber.<br />
„Danke!“, sagte sie höfl<strong>ich</strong>, wartete auf das nächste Schlingern und schüttete, als alle<br />
abgelenkt waren, die Suppe in ihre Spucktüte. Dann räusperte sie s<strong>ich</strong> laut … und<br />
das hatte sie drauf. Verschiedene Passagiere sahen sie an und sie wurde noch<br />
lauter. .Als s<strong>ich</strong> die Erwartungen bis ins Maßlose gesteigert hatten, fing sie an zu<br />
würgen und hielt s<strong>ich</strong> die Tüte dabei vor das Ges<strong>ich</strong>t. „Tschuldigung! Würg…kann<br />
n<strong>ich</strong>ts dafür….boah….es kommt einfach….blubb….bin gle<strong>ich</strong> fertig!“<br />
Die Menschen ringsherum sahen sie an. Still, sprachlos, angeekelt. Sie konnten n<strong>ich</strong>t<br />
anders, denn wollte s<strong>ich</strong> einer abwenden, stieß er unweigerl<strong>ich</strong> mit der Nase oder<br />
Brille seines Nachbarn zusammen.<br />
„Ah“, keuchte Carla, als sie fertig war „Was herausgekommen ist, muss auch wieder<br />
hinein!“ Sie nahm seelenruhig ihren Löffel und verspeiste den deliziösen Inhalt ihrer<br />
Tüte mit großem Appetit.<br />
Eine derartige Demonstration der europäischen Esskultur war nun doch zuviel für die<br />
Passagiere an unserem Tisch. Was nun folgte, gl<strong>ich</strong> einer Posse aus<br />
Stummfilmzeiten. Wie auf Kommando erhoben s<strong>ich</strong> die Leute, hielten s<strong>ich</strong> teilweise<br />
ihrerseits die Tüten vor den Mund und verließen protestierend und empört unsere<br />
Nähe. Da sie s<strong>ich</strong> ein anderes Domizil suchen mussten, wurden überfüllte Ecken<br />
noch überfüllter und eine allgemeine Massenpanik brach aus. Nur an unserem Tisch<br />
wollte seltsamerweise niemand mehr sitzen und wir hatten Platz.<br />
Osiris<br />
„Osiris ist in der Kühltruhe!“<br />
„Was?“ Ich starrte meine Cousine Carla, die zu Besuch bei uns war, entgeistert an.<br />
Ich kam gerade an jenem Wintertag, der klirrende Eisspitzen in die Haut dringen ließ,<br />
von der Arbeit nach Hause. <strong>An</strong> der Tür empfing m<strong>ich</strong> Carla mit aufgelöst wirkendem<br />
Ges<strong>ich</strong>t und ihrer aufgeplusterten roten Lockenfrisur.<br />
„Na, <strong>ich</strong> habe Osiris draußen gefunden! Tot! Wahrscheinl<strong>ich</strong> wurde er angefahren.“<br />
Osiris war unser rabenschwarzer Kater. Der Liebling der Familie. Ich schluckte. Mein<br />
Hals war plötzl<strong>ich</strong> ganz trocken.<br />
„Und weil wir ihn n<strong>ich</strong>t begraben konnten, da der Boden gefroren ist, habe <strong>ich</strong> ihn in<br />
die Kühltruhe gelegt. Da ist er ganz gut aufgehoben, bis es wieder wärmer wird. Aber<br />
jetzt komm du erst einmal rein.“ Sie trat einen Schritt beiseite.<br />
„Danke vielmals, dass du m<strong>ich</strong> in mein Haus bittest!“, sagte <strong>ich</strong> sarkastisch. „Wo sind<br />
Mona Marie und Tim?“