Top100 Kufstein 2018
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top 100 KUFstein| interview<br />
„In der AK Bezirkskammer gibt<br />
es Beratung und Service vor Ort.<br />
Denn rasche Hilfe ist die beste<br />
Hilfe.“<br />
Erwin Zangerl,<br />
AK Tirol<br />
spiel über Kollektivlöhne oder Kündigungsfristen.<br />
Doch solange noch<br />
Hilfestellung unsererseits nötig ist,<br />
um ungesetzliche Verhaltensweisen<br />
oder nicht rechtmäßige Behandlung<br />
der Mitarbeiter in den Betrieben zu<br />
beheben, gibt es für uns genug zu<br />
tun. Wir verfassen jährlich über 500<br />
Interventionsschreiben an Arbeitsgeber,<br />
die sich nicht an gesetzliche<br />
Vorgaben halten. Trotzdem ist der<br />
Wirtschaftsstandort <strong>Kufstein</strong> und<br />
sein Arbeitsmarkt gut unterwegs. Die<br />
gute Verkehrsanbindung, die wirtschaftliche<br />
Struktur des Bezirks mit<br />
Industrie, Handwerk, Dienstleistung<br />
und Tourismus sowie die Nähe zu<br />
Deutschland stärken die Wirtschaft<br />
im Bezirk nachhaltig. Der Arbeitsmarkt<br />
ist auch konstanter, da es nicht<br />
so starke saisonale Schwankungen<br />
gibt wie in Bezirken, in denen der<br />
Tourismus weiter verbreitet ist.<br />
ECHO: Wo liegen die aktuellen Herausforderungen<br />
für die AK <strong>Kufstein</strong>?<br />
Ritzer: Die Herausforderung für<br />
die Arbeiterkammer <strong>Kufstein</strong> liegt<br />
in der Menge an Beratungen, die<br />
sich aus der großen Zahl von 50.000<br />
Arbeitnehmern im Bezirk ergibt. So<br />
wurden 2017 in der Bezirkskammer<br />
<strong>Kufstein</strong> mehr als 5.500 persönliche<br />
Beratungen durchgeführt. Die Anliegen<br />
sind breit gestreut und beziehen<br />
sich neben Miet- und Konsumentenrecht<br />
vor allem auf das Arbeitsrecht.<br />
Wir unterstützen in Themen wie<br />
verspätete Lohnzahlungen, unbezahlte<br />
Überstunden, nicht eingehaltene<br />
Kündigungsfristen, ungerechtfertigte<br />
Entlassungen oder nicht korrekte Anmeldungen<br />
zur Sozialversicherung.<br />
Wenn nötig, werden Forderungen<br />
auch gerichtlich eingeklagt. Im letzten<br />
Jahr bearbeiteten wir an die 100<br />
Rechtsschutzfälle. Ein Spezifikum der<br />
Beratung in <strong>Kufstein</strong> ist auch durch<br />
die Grenznähe gegeben, da es viele<br />
Arbeitnehmer gibt, die entweder in<br />
Bayern wohnen und im Bezirk <strong>Kufstein</strong><br />
arbeiten oder umgekehrt. Für<br />
diese Grenzgänger sind einige arbeits-,<br />
sozial- und steuerrechtliche Besonderheiten<br />
zu beachten.<br />
ECHO: Welche Spezifika hat der<br />
Arbeitsmarkt in <strong>Kufstein</strong>?<br />
Ritzer: Der <strong>Kufstein</strong>er Arbeitsmarkt<br />
zeichnet sich durch seinen guten<br />
Branchenmix aus. Wir haben viele<br />
große Betriebe, die sich aufgrund der<br />
positiven Standortfaktoren im Bezirk<br />
angesiedelt haben. Auch die Nähe zu<br />
Bayern spielt eine gewisse Rolle. Der<br />
Bezirk hat sich erfreulicherweise auch<br />
zu einem Schul- und Ausbildungsstandort<br />
entwickelt. Es gibt eine<br />
Fachhochschule, Gymnasien, eine<br />
Handelsakademie, die Fachberufsschule<br />
für Wirtschaft und Technik<br />
(Mechatronik), Höhere Bundeslehranstalten<br />
und Bundesfachschulen für<br />
wirtschaftliche Berufe, eine HTL und<br />
die International School <strong>Kufstein</strong>.<br />
Trotzem kann der Facharbeitermangel<br />
durch die derzeitigen Berufsschulabgänger<br />
nicht abgedeckt werden. Die<br />
Unternehmen sind deshalb weiterhin<br />
aufgefordert, mehr Lehrlinge auszubilden.<br />
ECHO: Wie erleben Sie den Umgang<br />
der MitarbeiterInnen mit der<br />
Digitalisierung in den Unternehmen?<br />
Ritzer: Digitalisierung ist wichtig,<br />
um national und international wettbewerbsfähig<br />
zu bleiben. Doch in Bezug<br />
auf die Menschen habe ich einige<br />
Bedenken. Digitalisierung bedeutet<br />
nämlich auch eine Beschleunigung<br />
der Abläufe und viele tun sich schwer<br />
dabei mitzuhalten, insbesondere ältere<br />
Menschen. Der Druck auf die<br />
Beschäftigten steigt und ich befürchte,<br />
dass auch die Anzahl an psychischen<br />
Erkrankungen dadurch steigen wird.<br />
ECHO: Wie beurteilen Sie die<br />
Gleichstellung von Mann und Frau<br />
im Arbeitsmarkt im Bezirk?<br />
Ritzer: Grundsätzlich ist die<br />
Gleichstellung von Mann und Frau<br />
in Österreich, in Tirol und auch im<br />
Bezirk <strong>Kufstein</strong> noch nicht gegeben.<br />
Das hat unterschiedliche Ursachen:<br />
Viele Frauen arbeiten in Branchen,<br />
die schlechter bezahlt sind, wie im<br />
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ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK KUFSTEIN <strong>2018</strong>