Top100 Kufstein 2018
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Wachter: Immer mehr Betriebe,<br />
vor allem im handwerklichen Bereich,<br />
sind dadurch gezwungen, andere<br />
Lösungen zu suchen, und zum<br />
Beispiel auf die Industrie 4.0 auszuweichen.<br />
Das heißt, sie investieren<br />
in neue Technologien, die die Fachkräfte<br />
ersetzen. Das ist mit hohen<br />
Investitionen verbunden, die sich<br />
jedoch auf Dauer rentieren, wenn<br />
keine Fachkräfte in greifbarer Nähe<br />
sind. Automatisierung ist gerade in<br />
einem investitionsfreudigen Klima<br />
der Weg, den die Unternehmen gezwungenermaßen<br />
gehen.<br />
Hirner: Viele Betriebe versuchen<br />
auch, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken<br />
und selbst Lehrlinge<br />
auszubilden. Der Zuzug in<br />
die höheren Schulen ist jedoch ungebrochen.<br />
Es ist nicht so einfach,<br />
Lehrlinge zu finden. Die geburtenschwachen<br />
Jahrgänge führen dazu,<br />
dass der Konkurrenzkampf um die<br />
Schüler groß ist. Der Weg in die<br />
Lehre ist aber im Moment sicherlich<br />
nicht der schlechtere Weg. Man<br />
hat eine sichere Stelle und auch die<br />
neuen Möglichkeiten wie Lehre mit<br />
Matura sind sehr attraktiv. Seit dem<br />
letzten Jahr haben wir auch in ganz<br />
Tirol wieder ein Plus bei den Lehrlingen.<br />
Ich denke, der Trend in diese<br />
Richtung wird in den kommenden<br />
Jahren auch wieder stärker. Die<br />
Menschen erkennen, dass ein Lehrberuf<br />
ein guter Karriereweg ist.<br />
ECHO: Was unternehmen Sie<br />
vonseiten der Wirtschaftskammer,<br />
um die Unternehmen bei der Suche<br />
nach Lehrlingen zu unterstützen?<br />
Wachter: Die Wirtschaftskammer<br />
ist in diesem Bereich sehr aktiv. Wir<br />
gehen regelmäßig in die Schulen<br />
und halten dort Informationsveranstaltungen<br />
ab. Außerdem gibt es<br />
einige Projekte wie das Berufsfestival<br />
oder den Berufsshuttle, wo wir<br />
versuchen, den Kontakt zwischen<br />
Schülern und Unternehmen herzustellen.<br />
Wir betreiben außerdem ein<br />
Portal und setzen im Berufsorientierungsunterricht<br />
auf die Vernetzung<br />
von Unternehmen, Schülern und<br />
Lehrern.<br />
„Viele Betriebe versuchen<br />
auch, dem Fachkräftemangel<br />
entgegenzuwirken<br />
und selbst<br />
Lehrlinge auszubilden.“<br />
Martin Hirner,<br />
WK-Obmann<br />
ECHO: Wirkt sich der Fachkräftemangel<br />
auf die verschiedenen<br />
Branchen unterschiedlich aus?<br />
Hirner: Natürlich sind manche<br />
Branchen stärker betroffen als andere.<br />
Ganz eklatant ist der Fachkräftemangel<br />
aktuell im Tourismus. Das<br />
ist schon seit Jahren so. Die gute<br />
wirtschaftliche Lage hat diese Situation<br />
jetzt allerdings noch verschärft.<br />
Es gibt zusätzlich immer weniger<br />
Fachkräfte aus dem Ausland, da diese<br />
auch zu Hause immer öfter attraktive<br />
Jobs bekommen.<br />
ECHO: Bayern führt nach wie vor<br />
Grenzkontrollen an der deutschösterreichischen<br />
Grenze durch. Wie<br />
stark treffen diese Kontrollen die<br />
Betriebe hier im Bezirk?<br />
Wachter: Es gibt keine konkreten<br />
Zahlen, die beschreiben, wie groß<br />
die Einbußen für die lokale Wirtschaft<br />
sind. Klar ist, die Grenzkontrollen<br />
sind aus Sicht der Wirtschaft<br />
vollkommen sinnlos. Auf der Autobahn<br />
wird kontrolliert, auf der<br />
Bundesstraße nicht. Diese Kontrollen<br />
sind ein politischer Akt, um ein<br />
Signal zu senden. Ich denke jedoch,<br />
dass diese Kontrollen nichts bringen.<br />
Es ist an der Zeit, dass diese<br />
Kontrollen wieder aufgehoben werden.<br />
Sie verstärken zusätzlich unser<br />
Verkehrsproblem, das den ganzen<br />
Bezirk ohnehin schon belastet.<br />
ECHO: Wie problematisch ist die<br />
Verkehrssituation im Bezirk?<br />
Hirner: Die Verkehrsbelastung im<br />
Bezirk ist extrem. Viele fahren durch<br />
die Stadt, weil sie so keine Vignette<br />
kaufen müssen. Es besteht dringender<br />
Handlungsbedarf vonseiten der Politik,<br />
und zwar der Bundespolitik.<br />
ECHO: Was wären aus Ihrer Sicht<br />
sinnvolle Lösungsansätze, die die<br />
Bundespolitik verfolgen sollte?<br />
Wachter: Wir haben lange Zeit<br />
darauf gewartet, dass etwas passiert,<br />
doch es ist gar nichts geschehen, das<br />
Problem wurde bislang ignoriert. Es<br />
gibt nicht einmal einen Diskurs.<br />
Hirner: Die sinnvollste Lösung wäre,<br />
wenn man die Autobahn vignettenfrei<br />
als Umfahrungsstraße nutzen<br />
könnte. Es wäre ein Irrsinn, extra für<br />
<strong>Kufstein</strong> eine Umfahrungsstraße<br />
zu bauen, denn eine solche ist die<br />
Autobahn bereits. Man sollte hier<br />
einfach eine Ausnahme machen,<br />
dass man diese Strecke vignettenfrei<br />
nutzen kann. Es scheint so, als ob<br />
die Bundespolitik Angst hat, hier ein<br />
Beispiel zu setzen, weil dann weitere<br />
Orte dazukommen, die auch eine<br />
solche Ausnahme wollen. In Vorarlberg<br />
und Graz gibt es Regionen<br />
mit ähnlichen Problemen, deshalb<br />
schreckt man davor zurück, einen<br />
Präzedenzfall zu schaffen.<br />
Wachter: Die Idee, die Vignettenpflicht<br />
für alle Straßen einzuführen,<br />
ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK KUFSTEIN <strong>2018</strong> 9