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Industrieanzeiger 26.2019

Die betriebliche Effizienz zu steigern, neue Märkte zu erschließen, Kundenerlebnisse zu gestalten und Produktnutzen zu bieten: Für diese Ziele investieren produzierende Unternehmen in ihre digitale Strategie. Eine beschleunigte Business-Transformation hin zu einer zukunftsorientierten Fertigungstechnik ist die Folge. Mit dem Industrieanzeiger begleiten wir Sie auf diesem Weg: in Print, Online und auf Events. Wir zeigen Ihnen die zugrunde liegenden Zusammenhänge auf, erläutern Lösungswege, nennen die Chancen und verschweigen nicht die Risiken.

Die betriebliche Effizienz zu steigern, neue Märkte zu erschließen, Kundenerlebnisse zu gestalten und Produktnutzen zu bieten: Für diese Ziele investieren produzierende Unternehmen in ihre digitale Strategie. Eine beschleunigte Business-Transformation hin zu einer zukunftsorientierten Fertigungstechnik ist die Folge. Mit dem Industrieanzeiger begleiten wir Sie auf diesem Weg: in Print, Online und auf Events. Wir zeigen Ihnen die zugrunde liegenden Zusammenhänge auf, erläutern Lösungswege, nennen die Chancen und verschweigen nicht die Risiken.

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sechs Meter breite Blech tafel mit durch -<br />

gehender Qualität, bei der Sie von der Naht<br />

nichts merken. Aus solchem Halbzeug wird<br />

der Wasserstofftank der zweiten Brennstufe<br />

der Ariane 5 gefertigt. In der spanenden<br />

Weiterbearbeitung und im späteren Betrieb<br />

wird die Naht extrem gestresst – und diese<br />

Qualität kann das Verfahren leisten.<br />

Das sind also die Extreme. Wie sehen<br />

normalere Anwendungen aus?<br />

Es geht weiter mit komplexen Bauteilen wie<br />

in Flugzeuggetrieben und im Apparate- oder<br />

Kraftwerksbau bis hin zu kleinsten Bau -<br />

teilen im Getriebebau, wo bereits gehärtete<br />

Synchronräder nur noch geschweißt werden<br />

müssen, um dann einbaufertig die Anlage zu<br />

verlassen. Auch im Pkw-Antriebsstrang gibt<br />

es viele Bauteile, in die Elektroniken eingeschweißt<br />

werden müssen und keine Hitze<br />

und keinen Verzug erfahren dürfen.<br />

Gibt es eine Faustformel, wann und wo sich<br />

das Elektronenstrahlschweißen lohnt?<br />

Zum Beispiel überall dort, wo geschweißte<br />

Teile nicht mehr nachbearbeitet werden<br />

sollen, etwa Titanbauteile mit präzisem<br />

Lagersitz. Oder die erwähnten sensorischen<br />

Bauteile, die keine Hitze vertragen. Dies<br />

ermöglicht der Elektronenstrahl mit seinem<br />

geringen Wärmeeintrag und minimalem<br />

Verzug. Großes Potenzial bietet in Zukunft<br />

auch die E-Mobilität mit Kupfer als hoch -<br />

reflexivem Material.<br />

Sprechen die Kosten nicht oft dagegen?<br />

Sicher ist es ein teures Schweißverfahren.<br />

Die Rechnung geht aber erst beim Betrachten<br />

der gesamten Wertschöpfungskette auf.<br />

Die Frage stellt sich, was in den vorgelagerten<br />

Prozessen eingespart werden kann:<br />

Muss ich für ein komplexes Bauteil auf eine<br />

große Bearbeitungsmaschine gehen oder<br />

kann ich es auch aus kleinen Teilen fertigen,<br />

die ich mit dem Elektronenstrahl verzugsfrei<br />

verschweiße?<br />

Das Wachstum von Pro-Beam spricht für<br />

sich. Nennen Sie uns Zahlen?<br />

Im Jahr 2014 hatten wir 250 Mitarbeiter<br />

und der Umsatz lag bei 42 Millionen Euro.<br />

Zwei Jahre später waren es 49 Millionen<br />

und 300 Mitarbeiter und 2018 dann<br />

53 Millionen Euro Umsatz und 430 Mitarbeiter<br />

– wobei wir straff nach Leuten<br />

suchen. Zurzeit sind 50 Stellen offen.<br />

„Im Blick auf<br />

Kosten ist der<br />

Ruf des Elektronenstrahls<br />

schlechter als<br />

die Realität:<br />

Die Anlagen<br />

sind ab 6 kW<br />

sogar günstiger<br />

als Laser -<br />

anlagen.“<br />

Stellen Sie die Pro-Beam Gruppe kurz vor?<br />

1974 wurden wir gegründet. Am Anfang<br />

legten wir den Fokus auf die Auftragsfertigung<br />

mit dem Schweißen und Bohren durch<br />

den Elektronenstrahl. Denn neben dem<br />

Schweißen bietet der Elektronenstrahl die<br />

Möglichkeit, Oberflächen zu perforieren,<br />

etwa um Siebe, Filter oder Schleuderscheiben<br />

herzustellen. Später kam Randschichtbehandeln<br />

hinzu, da es der Elektronenstrahl<br />

auch ermöglicht, Bauteile nur dort lokal zu<br />

härten, wo Verschleiß auftritt. Früh haben<br />

wir dann begonnen, unsere Anlagen selbst<br />

zu modifizieren. Um 2000 mündete dies in<br />

den Entschluss, auch Anlagen zu bauen. Im<br />

Prinzip reagierten wir auf den Wunsch von<br />

Kunden. Seit Mitte 2019 fokussieren wir<br />

uns außerdem – speziell für unsere Anlagenkunden<br />

– auf das Thema Customer Service.<br />

Der Bereich fungiert ab sofort als dritte<br />

große Säule unseres Unternehmens.<br />

Wie groß sind die Anteile von Lohnfertigung<br />

und Anlagenbau am Umsatz?<br />

Das hält sich die Waage. Wir können heute<br />

sagen, dass wir sowohl der größte Lohn -<br />

anbieter weltweit sind als auch der größte<br />

Anlagenhersteller, was Elektronenstrahltechnik<br />

anbelangt.<br />

Warum ist das Elektronenstrahlschweißen<br />

denn noch so wenig bekannt und geläufig?<br />

Ein Grund ist, dass es – vielfach zu unrecht<br />

– immer noch als teure und elitäre Technologie<br />

angesehen wird, obwohl sie schon sehr<br />

marktdurchdringend ist. Hinzu kommt,<br />

dass sie in der universitären Ausbildung so<br />

gut wie gar nicht vorkommt. Aus diesem<br />

Grund haben wir in den letzten zehn Jahren<br />

über unsere Stiftung einige Universitäten<br />

gefördert, damit sie sich modernes Elektronenstrahl-Equipment<br />

anschaffen konnten.<br />

Ein dritter Punkt ist vielleicht, dass wir bisher<br />

zu wenig Marketing betrieben haben.<br />

Aber das ändert sich jetzt?<br />

Ja. Während die erste Hälfte der Firmen -<br />

entwicklung primär technologiegetrieben<br />

war, spielt in letzter Zeit die Kundenorientierung<br />

eine sehr große Rolle. Wir haben<br />

gemerkt, dass wir uns auf den Märkten sehr<br />

flexibel bewegen und engagieren müssen<br />

mit unserem Vertrieb. Dazu gehören auch<br />

begleitende Dienstleistungen, die unser Produkt<br />

für Kunden noch attraktiver machen.<br />

Diese Aktivitäten haben das Wachstum sehr<br />

beflügelt. Inzwischen kommen Kunden<br />

direkt auf uns zu und inspirieren selbst<br />

Entwicklungen für neue Anwendungen. Der<br />

Markt fordert uns.<br />

Wie läuft eine typische Dienstleistung ab?<br />

Idealerweise begleiten wir die Konstruktion<br />

beratend, um das volle Potenzial des Verfahrens<br />

zu heben. Weiter folgen metallurgische<br />

Untersuchungen zum Schweißprozess. Beides<br />

zusammen fließt in die Fertigung eines<br />

Prototypen ein, der bei Bedarf in eine<br />

Serienfertigung mündet.<br />

Wie groß sind die Anlagen, die Sie betreiben<br />

und die Sie anbieten?<br />

Das fängt an mit einer Mini-Anlage, so groß<br />

wie eine Espresso-Dose, mit der Sie einen<br />

automatisierten Single- Workflow für höhere<br />

Stückzahlen realisieren können. Und es<br />

reicht über größere Anlagen mit paralle -<br />

lisierter Vakuumerzeugung und Schleusen -<br />

system bis hin zu Großanlagen. Seit 2004<br />

haben wir die XXL-Variante einer Elektronenstrahlanlage<br />

mit einem Kammervolumen<br />

von 700 Kubikmeter im Betrieb. Mit<br />

ihr können wir bis zu 80 Tonnen schwere<br />

Teile bearbeiten. Das ist ein neuer Markt,<br />

der bislang nur militärisch existierte. Jetzt<br />

aber haben wir Kunden aus dem Schwer -<br />

maschinenbau, die sich sogar für eine eigene<br />

Großanlage interessieren. Sieben dieser Art<br />

haben wir schon generiert. Und es gibt<br />

weitere Anfragen.<br />

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<strong>Industrieanzeiger</strong> 26.19 75

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