Nr. 17 - September / Oktober 2008
Burgund: Morvan, Bibracte, Guédelon Paris: die Sainte-Chapelle Elsass: Goethes amour fou in Sesenheim Provence: Cordes-sur-ciel Rezept: mousse au chocolat
Burgund: Morvan, Bibracte, Guédelon
Paris: die Sainte-Chapelle
Elsass: Goethes amour fou in Sesenheim
Provence: Cordes-sur-ciel
Rezept: mousse au chocolat
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van gelegt. Damals interessierte sich kaum jemand für diese<br />
Gegend, die aufgrund ihrer Größe gut ein eigenes Departement<br />
bilden könnte, sich in der Realität aber auf die vier<br />
burgundischen Departments verteilt. Denn während die<br />
Wälder des Morvan gerade einmal als Lieferant für Weihnachtsbäume<br />
dienten, fand die wirtschaftliche Entwicklung<br />
Burgunds in anderen Ecken der Region statt, wo große<br />
Getreidefelder und renommierte Weingüter für Wohlstand<br />
sorgten. In den 1970er- und 1980er-Jahren gab es außer den<br />
Einheimischen nicht viele, die überhaupt an eine Zukunft<br />
des Morvan glaubten.<br />
Der Naturpark leitete aber die Wende ein. Langsam<br />
veränderte sich der Blickwinkel der Menschen auf diese<br />
naturbelassene Oase voller Ursprünglichkeit. Hier gab es<br />
noch eine Landschaft, die man im benachbarten, agrarisch<br />
stark genutzten Côte-d’Or vergebens suchte. Die Pariser<br />
unterbrachen zunehmend ihre Fahrt in den Süden im Morvan,<br />
angelockt von Schildern mit dem Hinweis « Monts du<br />
Morvan » an der Autobahn A6. Heute haben nicht wenige<br />
Hauptstädter sogar ihr Wochenend- oder Ferienhaus in<br />
diesem Mittelgebirge.<br />
Doch trotz des Erfolges bleibt man im Morvan bodenständig.<br />
Man will keinen Massentourismus. Die Unterkünfte<br />
sind meist Pensionen, die Straßen sind schmal und<br />
kurvig. Ein schnelles Fortkommen ist kaum möglich. Die<br />
Sicht ist durch die dichte Vegetation entlang der Straßen<br />
und das Licht- und Schattenspiel zwischen Wäldern und<br />
Lichtungen eingeschränkt. Im Morvan geht es ums pure<br />
Naturerlebnis, um die Befriedigung einer in Mode gekommenen<br />
Sehnsucht nach einem Leben auf dem Land.<br />
das Musée du Septenat, in Château-Chinon eröffnet. Wie<br />
in einer Ali Baba-Höhle kann man dort die unterschiedlichsten<br />
Objekte aus der ganzen Welt bewundern,<br />
alle meist recht kostbar, wenn auch von völlig<br />
unterschiedlichem Geschmack. Es ist interessant zu<br />
sehen, mit welcher Mühe manche Staatsmänner und<br />
Könige nach ungewöhnlichen Geschenken gesucht haben<br />
müssen. Zu den Exponaten gehört eine Sammlung<br />
von Aschenbechern aus Silber genauso wie mit persönlichen<br />
Widmungen versehene Fotos. Auch ein Laufrad,<br />
Vorgänger des Fahrrads, ist dabei – ein Geschenk des<br />
Bürgermeisters von Karlsruhe.<br />
Auf einem Hügel oberhalb der Stadt hat die Gemeinde<br />
außerdem ein Denkmal für François Mitterrand<br />
errichten lassen. Es erinnert ein wenig an einen Gefängnishof<br />
und lohnt wegen seiner Architektur nicht unbedingt<br />
einen Umweg. Dafür hat man von dort oben einen<br />
wunderschönen Ausblick auf die Umgebung. Man sagt<br />
zudem, dass der Präsident gerne an diese Stelle kam, um<br />
nachzudenken und Kraft zu tanken. Es ist aber zu bezweifeln,<br />
dass er dieses Denkmal gemocht hätte.<br />
Der Präsident logierte in Zimmer 15<br />
Zu den Menschen, die schon immer die Vorzüge des<br />
Morvan zu schätzen wussten, gehörte François Mitterrand.<br />
Der ehemalige Staatspräsident fühlte sich stets der Kleinstadt<br />
Château-Chinon eng verbunden, deren Bürgermeister<br />
er von 1959 bis 1981 war. Da er jedoch keine Wohnung<br />
im Ort besaß, mietete er immer ein Zimmer im Hôtel du<br />
Vieux-Morvan, und zwar das Zimmer 15. Es war auch<br />
an diesem Ort, wo er 1981 vor Hunderten von Einheimischen<br />
und einigen Journalisten von seinem Sieg bei den<br />
Präsidentschaftswahlen erfuhr. Noch heute existiert dieses<br />
Hotel, das seiner Philosophie treu blieb und mit schlichten,<br />
kostengünstigen Zimmern aufwartet.<br />
Später schenkte François Mitterrand Château-Chinon<br />
einen Großteil der Präsente, die er während seiner beiden<br />
Amtszeiten als französischer Präsident von anderen Staatsoberhäuptern<br />
erhalten hatte. « Es scheint mir nur normal,<br />
dass ich die Geschenke, die mir in meiner offiziellen<br />
Funktion überreicht wurden, der Öffentlichkeit zugänglich<br />
mache », verkündete der erste sozialistische Präsident der<br />
Fünften Republik dazu. Es war vielleicht normal, dennoch<br />
stellte es ein Novum dar. Seine Vorgänger behielten die<br />
Präsente nach dem Ende ihrer Amtszeit lieber für sich.<br />
Am 12. Juli 1986 wurde ein entsprechendes Museum,<br />
Das Musée du Septenat zeugt bis heute von der<br />
Verbundenheit François Mitterrands mit Château-Chinon.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2008</strong> · <strong>17</strong>