Nr. 17 - September / Oktober 2008

Cannelés
Knackige Hülle mit weichem Kern
Was Cannelés sind, ist gar nicht so genau zu sagen. Nicht wirklich Kuchen und nicht richtig
Süßspeise ähneln sie so gar keinem anderen Gebäck. Man macht nicht viel Aufheben um sie,
selbst in den kulinarischen Reiseführern werden sie kaum erwähnt. Unter Kennern und Genießern
aber sind Cannelés buchstäblich in aller Munde. Sie haben die Jahrhunderte überstanden
und sind von den Speisekarten in der Gironde nicht wegzudenken, wo sie ein Mahl erst
vollständig werden lassen.
Cannelés sind zunächst keine
große Sache. Eine Art kleiner
Kuchen von der Größe eines
Hühnereis, von außen knusprig und
mit Caramel überzogen, innen weich
und ein bisschen klebrig. Milch, Eier,
Zucker, Mehl, etwas Vanille, auch ein
paar Tropfen Rum – mehr Zutaten
braucht man nicht. Dafür kommt es
sehr auf das Wie der Zubereitung an.
Diese ist eine hohe Kunst und der
Grund dafür, wieso Cannelés in der
Gironde eine solche Berühmtheit sind.
Der Legende nach sollen Cannelés
im 17. Jahrhundert von den Nonnen des
Klosters « Dames de l’Annonciade » in
Bordeaux erfunden worden sein. Auch
wenn die Schlemmerei im Kloster eigentlich
als Sünde galt, scheinen die
Nonnen der damaligen Zeit das Naschen
intensiv gepflegt zu haben. Während
der Französischen Revolution soll
eine Nonne die geliebten Cannelés, und
damit sich selbst, gerettet haben, indem
sie einem Konditor aus Bordeaux das
Rezept übergab. So wurde die Kunst
der Cannelés-Herstellung für die kommenden
Generationen bewahrt.
Wie das mit Legenden so ist,
stellt sich bei genauerer Untersuchung
manchmal heraus, dass die Realität
weitaus weniger spannend ist. Als das
Gebäude des ehemaligen Klosters
nämlich vor kurzem vom regionalen
Kulturamt bezogen werden sollte, erinnerte
man sich der Legende der Cannelés-Erfindung
und führte zahlreiche
Frankreich erleben · September / Oktober 2008 · 89