Nr. 17 - September / Oktober 2008

Unübersehbar: Das Lothringer Kreuz in
Colombey-les-Deux-Eglises.
Charles de Gaulle ist ganz unbestritten
der berühmteste Franzose des 20. Jahrhunderts.
Oder zumindest derjenige,
der die französische Gesellschaft in diesem bewegten
Jahrhundert am meisten geprägt hat. In
den Augen vieler Franzosen ist er « das » Symbol
für den Widerstand während der deutschen Besatzung,
den er aus seinem Londoner Exil anführte,
und ebenfalls für die Fünfte Republik,
als deren Gründervater er gilt und deren erster
Präsident er von 1958 bis 1969 war. Außerdem
ist er als großer Mann der kleinen, aber symbolkräftigen
Worte bekannt, ganz abgesehen von
seinen tatsächlichen, imposanten 1,93 Metern
Körpergröße. « Ich habe Euch verstanden! » ist
einer dieser Sätze, die heute zu geflügelten
Worten geworden sind. Er rief ihn 1958 vom
Balkon in Algier. Oder sein « Es lebe das freie
Québec! » bei seinem Kanada-Besuch 1967.
Charles de Gaulle verkörpert die Vision eines
anderen Frankreichs, eines Frankreichs, das in
eine starke deutsch-französische Achse und in
ein starkes Europa eingebunden sein sollte. Er
verkörpert schlicht das moderne Frankreich der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Für Generationen von Schülern gilt Charles
de Gaulle als Nationalheld, dessen Taten in vielen
Geschichtsstunden behandelt wurden und
der zu einer Art gütiger Landesvater geworden
ist, den man fast persönlich zu kennen glaubt.
Bereits ein Spaziergang zeigt die Omnipräsenz
von de Gaulle: Unzählige Plätze und Straßen,
Parks, Schulen und Universitäten tragen seinen
Namen, dazu ein Pariser Flughafen und ein
Flugzeugträger der französischen Marine. Fast
40 Jahre nach seinem Tod am 9. November
1970 ist dieser Mann allgegenwärtig.
Mit dem Amtsantritt von Nicolas Sarkozy
als Präsident Frankreichs wurde der Bezug
zu de Gaulle noch verstärkt. Wie viele andere
konservative Politiker auch, bedient sich Sarkozy
häufig der Referenz auf de Gaulle, um die
Frankreich erleben · September / Oktober 2008 · 79