Nr. 17 - September / Oktober 2008
Burgund: Morvan, Bibracte, Guédelon Paris: die Sainte-Chapelle Elsass: Goethes amour fou in Sesenheim Provence: Cordes-sur-ciel Rezept: mousse au chocolat
Burgund: Morvan, Bibracte, Guédelon
Paris: die Sainte-Chapelle
Elsass: Goethes amour fou in Sesenheim
Provence: Cordes-sur-ciel
Rezept: mousse au chocolat
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schließlich in ein Gerichtsverfahren<br />
mündete, das sogar dem König selbst<br />
vorgetragen wurde. Der gab am 3.<br />
März <strong>17</strong>55 in<br />
einem Beschluss<br />
des Staatsrats den<br />
cannauliers Recht.<br />
Für die Patissiers<br />
eine herbe Enttäuschung.<br />
Doch<br />
die währte nur<br />
kurz, denn ein<br />
Edikt vom März<br />
<strong>17</strong>67 versuchte,<br />
den Berufsstand<br />
der cannauliers<br />
einzudämmen.<br />
Dafür wurden<br />
sehr restriktive<br />
Auflagen erlassen:<br />
In Bordeaux war<br />
zum Beispiel nur<br />
ganzen acht (!)<br />
cannauliers die<br />
Aus übung ihres<br />
Berufes erlaubt.<br />
Nun werden in<br />
Frankreich Gesetze<br />
gerne großnelés<br />
zusammengestellt.<br />
zügig ausgelegt<br />
und so zählte man<br />
in Bordeaux noch<br />
<strong>17</strong>85 die Zahl von<br />
39 cannauliers.<br />
Die Hauptstadt www.feret.com<br />
der Gironde ist<br />
noch heute stolz<br />
auf diese Art zivilen Ungehorsams.<br />
Zu Revolutionszeiten war das<br />
allgemeine Ziel der Gleichheit mit<br />
dem Unterschied zwischen cannauliers<br />
und Patissiers nicht vereinbar.<br />
Die Zünfte wurden einfach aufgelöst<br />
und jeder konnte nun frei wählen,<br />
wie er sein Handwerk ausüben wollte.<br />
Die cannauliers pflegten weiterhin<br />
ihre Tradition, die sich aber mit dem<br />
Fortschreiten der Geschichte letztlich<br />
verlor. Man geht heute davon aus, dass<br />
dieses Handwerk schließlich doch in<br />
der Kunst der Patisserie aufgegangen<br />
ist.<br />
Das Gebäck cannole hat sich nach<br />
und nach den heutigen Cannelés angepasst<br />
und den Zeitpunkt, an dem sie<br />
gänzlich in sie übergangen ist, kann<br />
Wer mehr über Cannelés und ihre Geschichte<br />
wissen will, dem sei das kürz lich<br />
von Isabelle Bunisset (auf Fran zösisch)<br />
erschienene Buch « Le Can nelé, ce<br />
mystère nommé désir » emp fohlen.<br />
Die Autorin, Professorin an der Univer<br />
si tät von Bordeaux, hat darin eine<br />
Fülle an Fakten und Kuriositäten des<br />
erstaunlichen Lebensweges der Can-<br />
Isabelle Bunisset:<br />
Le Cannelé, ce mystère nommé désir<br />
Editions Féret <strong>2008</strong>,<br />
ISBN: 978-2-35-156-011-2,<br />
heute niemand mehr bestimmen. Manche<br />
sagen, es sei kurz nach dem Ersten<br />
Weltkrieg gewesen, andere vermuten<br />
die 1930er-Jahre.<br />
Das heutige Rezept<br />
soll aus Arcachon<br />
stammen,<br />
vielleicht aber<br />
auch aus Biarritz.<br />
So genau weiß<br />
das keiner. Sicher<br />
dagegen ist, dass<br />
Cannelés seit den<br />
1980er-Jahren der<br />
heimliche Star<br />
auf den Tafeln im<br />
Südwesten sind.<br />
Sie eroberten<br />
sogar, dank einer<br />
kleinen Konditorei<br />
im achten Arrondissement,<br />
die<br />
Pariser Küche.<br />
Es begann damit,<br />
dass Catherine<br />
Deneuve auf<br />
Cannelés schwörte.<br />
Dann nahm<br />
auch Fauchon,<br />
der Tempel der<br />
kulinarischen Finesse<br />
an der Place<br />
de la Madeleine,<br />
Cannelés in sein<br />
Sortiment. Von<br />
dort aus trat das<br />
Gebäck seinen<br />
Siegeszug in ganz Frankreich an und<br />
eroberte schließlich auch das Ausland.<br />
In Italien, Japan und England erliegen<br />
die Leute seinem süßen Charme.<br />
Der Name des Bordeaulaiser Geschäftsmanns<br />
Philippe Baillardran<br />
steht besonders für den Export und<br />
den Erfolg des Gebäcks. Cannelés<br />
sind mittlerweile zu « dem » Mitbringsel<br />
geworden, das man aus Bordeaux<br />
mit nach Hause bringen muss. Zugegeben,<br />
ein teures Geschenk. Die<br />
Läden von Baillardran ähneln beinahe<br />
Juweliergeschäften. Mit großer Sorgfalt<br />
werden die Gebäcke präsentiert<br />
und verpackt. Der Preis tut zu diesem<br />
Eindruck sein Übriges. Doch wen hat<br />
das je gestört, wenn es um eine süße<br />
Versuchung ging?