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Nr. 17 - September / Oktober 2008

Burgund: Morvan, Bibracte, Guédelon Paris: die Sainte-Chapelle Elsass: Goethes amour fou in Sesenheim Provence: Cordes-sur-ciel Rezept: mousse au chocolat

Burgund: Morvan, Bibracte, Guédelon
Paris: die Sainte-Chapelle
Elsass: Goethes amour fou in Sesenheim
Provence: Cordes-sur-ciel
Rezept: mousse au chocolat

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Unterwegs in Frankreich Cordes-sur-Ciel<br />

Der wirtschaftliche Aufschwung am Ende des 13. Jahrhunderts erforderte den Bau eines überdachten Marktplatzes.<br />

die Pest in den Jahren von 1629 bis 1632 Cordes-sur-Ciel<br />

vollkommen von der Außenwelt ab. Die Stadttore blieben<br />

weitestgehend verschlossen, damit infizierte Einwohner<br />

nicht zu einer Gefahr der umliegenden Bevölkerung wurden.<br />

Einigen gesunden Bewohnern, die den langsamen Tod<br />

in einer so abgeriegelten Welt fürchteten, gelang es trotzdem<br />

zu fliehen, wobei viele unter ihnen von Wachmännern<br />

aufgegriffen und ins Dorf – meist unter Gewaltanwendung<br />

– zurückgebracht wurden. Manche schafften es aber in die<br />

umliegenden Orte, so dass Cordes-sur-Ciel nicht gänzlich<br />

dem Untergang geweiht war. Schon damals zeigte der Ort<br />

eine leicht rebellische Haltung.<br />

Der heutige Bürgermeister Paul Quilès übt sein Amt<br />

zum Glück in ruhigeren Zeiten aus. Er wurde 1995 in diese<br />

Position gewählt, nachdem er zuvor bereits eine beachtliche<br />

politische Karriere hinter sich hatte: von 1978 bis 1988 als<br />

Abgeordneter für Paris, ab 1993 für das Departement Tarn<br />

und von 1983 bis 1993 als siebenmaliger Minister, unter<br />

anderem in den Ressorts Verteidigung und Innenpolitik.<br />

Zu seinen Errungenschaften zählt auch, dass die Kommune<br />

ein wohltuendes Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen<br />

Interessen durch den Tourismus und die Bewahrung einer<br />

gewissen Ursprünglichkeit finden konnte. Jüngst hat man<br />

sich außerdem um den Titel « Grand site touristique et culturel<br />

» beworben.<br />

Zu den jüngsten Ereignissen gehört leider auch ein Todesfall.<br />

Im Frühling segnete der Künstler Roger Carrière,<br />

bekannt als Jean Marc, das Zeitliche. Er zählte zu den markanten<br />

Persönlichkeiten des Dorfes. Mit seinen Skulpturen<br />

zog der Kunstschmied die Aufmerksamkeit der Kunstszene<br />

aus der ganzen Welt auf sich. Außerdem rettete er eines der<br />

schönsten Anwesen im Ort vor dem Verfall, die Maison<br />

Prunet. Heute steht eines seiner Werke auf einer der höchsten<br />

Erhebungen von Cordes-sur-Ciel. Ein aussagekräftiges<br />

Symbol für die Verbundenheit des Dorfes mit diesem besonderen<br />

Künstler.<br />

Verbunden mit Cordes-sur-Ciel fühlte sich auch der<br />

Schriftsteller Albert Camus. So schrieb er einst: « Man reist<br />

jahrelang, ohne genau zu wissen, wonach man sucht, irrt<br />

durch den Lärm voller Sehnsucht und kommt plötzlich an<br />

einen dieser zwei, drei Orte, die jeden auf dieser Welt erwarten.<br />

Der Reisende, der von der Terrasse von Cordes in<br />

die Sommernacht schaut, weiß, dass er nicht weiter reisen<br />

muss und dass ihn die Schönheit des Ortes, so er will, jeden<br />

Tag von seiner Einsamkeit befreien wird. »<br />

Wie sollte man die Wirkung, die von diesem einzigartigen<br />

Dorf ausgeht, besser in Worte fassen? Cordes-sur-Ciel<br />

scheint etwas Magisches zu haben. Beobachtet man die Menschen<br />

im Laufe des Tages, wie sie sehnsüchtig in die Ferne<br />

schauen, fühlt man sich an fernöstliche Entspannungspraktiken<br />

erinnert. Vielleicht hat Albert Camus Recht, dass das<br />

Dorf am Ende einer langen Reise steht. Oder vielleicht ist<br />

es auch der Anfang einer solchen? Hier, irgendwo zwischen<br />

Himmel und Erde, scheint beides möglich.<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2008</strong>

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