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CRESCENDO 4/18 Juni-Juli-August 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit John Neumeier, Sophie Pacini, Hans Sigl und David Aaron Carpenter.

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Interviews unter anderem mit John Neumeier, Sophie Pacini, Hans Sigl und David Aaron Carpenter.

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O U V E R T Ü R E<br />

Gemüse-Musik<br />

Ein Anruf bei Jörg Piringer, Musiker bei The Vegetable Orchestra, einem Wiener Ensemble,<br />

das ausschließlich auf frischem Obst und Gemüse musiziert.<br />

crescendo: Herr Piringer, The Vegetable<br />

Orchestra macht ausschließlich Musik auf<br />

Obst und Gemüse? Wie kam es dazu?<br />

Jörg Piringer: Als wir vor 20 Jahren begonnen haben,<br />

wollten wir einfach Musik auf ungewöhnlichen<br />

Gegenständen machen. Da fiel uns Gemüse<br />

ein. Ursprünglich sollte es nur eine einzelne<br />

Performance damit geben, aber es kam so gut an,<br />

dass wir dabei geblieben sind. Es stellte sich heraus,<br />

dass mit Gemüse unheimlich viel anzufangen<br />

ist. Es ermöglicht eine Klangvielfalt, die uns<br />

bis heute interessiert.<br />

Begonnen hat alles ausgerechnet mit Tomaten?<br />

Es gibt ein Stück, bei dem jeder Musiker zwei<br />

Tomaten in der Hand hat, die er gegeneinanderschlägt.<br />

Im Laufe des Stücks werden die Tomaten immer weicher,<br />

wodurch sich der Klang verändert – von perkussiv zu mehr feucht<br />

und matschig. Das Stück endet, wenn die Tomaten kaputt sind.<br />

Wie kommt Ihr Repertoire zustande?<br />

Es gibt nur wenige Stücke, die wir nicht selbst schreiben. Sie werden<br />

von einzelnen Mitglieder unserer zehnköpfigen Ensembles komponiert<br />

oder entstehen aus der Improvisation. Und wenn wir fremde<br />

Stücke spielen, verändern wir diese stark, denn es ist eben Gemüse-<br />

Musik – und die ist sehr speziell.<br />

Ihr persönliches Lieblingsinstrument?<br />

Ich spiele gerne Flöten, die aus Karotten oder Rettichen gemacht sind.<br />

Karotten sind sehr universell, weil sie sehr hart und gut schnitzbar<br />

sind. Aber es gibt so vieles: Zwei aneinandergeriebene Krautblätter<br />

geben einen Quietschklang, der – richtig gespielt – sehr spanned und<br />

subtil sein kann. Wichtig für uns ist auch der Kürbis, der als Paukenersatz<br />

verwendet wird. Generell gibt es viele Perkussions instrumente:<br />

gegeneinandergeschlagene Auberginen, ausgehölte Sellerieknollen.<br />

Dann viele Flötenarten – im Block- oder Panflötenstil. Das Gurkofon<br />

ist eher den Blechblasinstrumenten nachempfunden: ein trompetenartiges<br />

Instrument aus einer Salatgurke. Gemüse ist so vielfältig –<br />

selbst wir kommen bei jeder Probe auf etwas Neues!<br />

Jörg Piringer mit Karottophon<br />

Zu jedem Konzert müssen Sie Ihr Instrumentarium<br />

neu bauen. Ist man da nicht mehr mit<br />

Bauen als mit Musizieren beschäftigt?<br />

Tatsächlich dauert die Vorbereitung immer einen<br />

ganzen Tag: Zum Bauen brauchen wir circa zwei<br />

bis drei Stunden. Danach gibt es einen ausführlichen<br />

Soundcheck, da ja alles immer wieder neu ist.<br />

Wie schaut es mit der „Entsorgung“ des Instrumentariums<br />

aus?<br />

Nach jedem Konzert gibt es für das Publikum<br />

eine Suppe aus dem nicht verwendeten Gemüse.<br />

Die gespielten Instrumente, in die wir teils schon<br />

hi neingeblasen haben, verkochen wir natürlich<br />

nicht, verschenken sie aber ans Publikum. Da<br />

sieht man dann Menschen mit unseren Instrumenten<br />

durch die Straßen gehen. Wir werfen also relativ wenig weg.<br />

Beim Schneiden der Instrumente fällt natürlich, wie in jeder Küche,<br />

ein bisschen Abfall an.<br />

Führt die unterschiedliche Beschaffenheit des Gemüses oft zu<br />

Pannen und Problemen?<br />

Natürlich. Das planen wir zum Teil mit ein, zum anderen merken<br />

wir schon beim Bauen, was weniger haltbar ist. Dann muss man das<br />

Instrument anders bearbeiten oder ersetzen oder baut einfach zwei,<br />

um Ersatz zu haben. Dass der Klang nie perfekt ist, das wissen wir,<br />

und damit spielen wir bewusst.<br />

Sie haben auch Alben aufgenommen, aber kommt es bei Gemüse-Musik<br />

nicht besonders auf die Optik an?<br />

Uns ist sehr wichtig, dass die Musik auch auf rein akustischer Ebene<br />

funktioniert. Aber natürlich ist es spannend, uns auch zu sehen:<br />

Man kennt die Instrumente nicht, und es tritt live ein Verfall ein.<br />

Das sieht man, das hört man, und wenn man in den ersten Reihen<br />

sitzt, dann riecht man das auch. Manche unserer Instrumente geben<br />

einen starken Duft ab. Ein multisensorisches Erlebnis!<br />

Von Maria Goeth<br />

Aktuelle Konzerttermine und Infos zu The Vegetable Orchestra finden<br />

Sie unter www.vegetableorchestra.org<br />

HINTER DER BÜHNE<br />

Die Welt von crescendo lebt von den Künstlern und Mitarbeitern,<br />

die sie mit Leben füllen. Deshalb der gewohnte Blick hinter die Kulissen der Produktion.<br />

ANNETT FORCIER<br />

In den vergangenen Monaten stand das crescendo-Team vor einem schier unbewältigbaren<br />

Mammutprojekt: dem vollständigen Relaunch unserer Website<br />

(www.crescendo.de; siehe auch S. 90). Doch zum Glück konnten wir Annett Forcier<br />

für die heikle Aufgabe gewinnen. Vor vielen Jahren hatte sie für einige Zeit in München<br />

gelebt und auch für crescendo gearbeitet. Seit 13 Jahren lebt und arbeitet die<br />

Digitaldesignerin und Webentwicklerin nun schon in Vancouver. Für uns schwebte sie<br />

extra aus Kanada ein und brachte neben der Website auch den crescendo-Newsletter<br />

auf Vordermann. Noch immer optimieren und überarbeiten wir fleißig und freuen uns<br />

riesig über diesen wunderbaren Neustart!<br />

FOTOS: PRIVAT; ZOEFOTOGRAFIE<br />

10 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Juni</strong> – <strong>Juli</strong> – <strong>August</strong> 20<strong>18</strong>

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