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CRESCENDO 4/18 Juni-Juli-August 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit John Neumeier, Sophie Pacini, Hans Sigl und David Aaron Carpenter.

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O U V E R T Ü R E<br />

Dr. Goeths Kuriosa<br />

BIS DIE RADIESCHEN FLOGEN!<br />

In den 1950ern und 60ern lieferten sich die beiden Super-Primadonnen Maria Callas<br />

und Renata Tebaldi einen filmreifen Zickenkrieg.<br />

„Hörer, Hörer, gelehrt und gespannt,<br />

wer singt am schönsten im<br />

ganzen Land?“ mag wohl die Frage<br />

gewesen sein, die die Gemüter<br />

der Opernfans in den 50er-Jahren<br />

erhitzte. Es wurde wild gefochten,<br />

ob nun Maria Callas oder Renata<br />

Tebaldi die bessere Sängerin<br />

sei. Während die Amerikaner einen<br />

Platz nach der Tebaldi benannten<br />

und die Brasilianer sich darum rangelten,<br />

eine Locke aus ihrer Frisur<br />

zu ergattern, versuchten die italienischen<br />

Anhänger der Callas, die<br />

Tebaldi mit Telefonterror und Drohbriefen mürbe zu machen. Die<br />

Callas selbst setzte sich bei Auftritten der Tebaldi demonstrativ in<br />

die Mittelloge, um die Gegnerin mit bösen Blicken zu durchbohren.<br />

Auf Initiative von Tebaldis Managerin, ihrer Mutter Giuseppina, wurde<br />

die Callas daraufhin in eine Seitenloge verbannt. Die „Tebaldianer“<br />

ihrerseits rächten sich damit, die Callas bei Vorstellungen in der Mailänder<br />

Scala mit Bouquets aus Radieschen und Sellerie zu bewerfen.<br />

Der Schein trügt: Nicht immer lagen sich die Callas<br />

und die Tebaldi in den Armen!<br />

In ihrer Kurzsichtigkeit soll die Callas<br />

einen dieser Radieschen-Sträuße<br />

tatsächlich versehentlich aufgehoben<br />

haben. Ihren Fehler erkennend,<br />

bedankte sie sich geistesgegenwärtig<br />

für den leckeren Salat.<br />

Die Klatschpresse freute sich naturgemäß<br />

über den Primadonnenzwist<br />

und titelte mit Schlagzeilen<br />

wie „Kampf zwischen Adler und<br />

Taube“ oder „Tigerin gegen Engel“.<br />

Die Tebaldi überhaupt mit ihr zu<br />

vergleichen, sei, wie Coca-Cola gegen<br />

Champagner zu halten, war die Callas selbstbewusst überzeugt.<br />

Sowieso: Tebaldi habe kein Rückgrat. Doch die Tebaldi selbst, der<br />

von keinem Geringeren als Arturo Toscanini eine „voce d’angelo“, eine<br />

„Engelsstimme“, bescheinigt wurde, geiferte schlagfertig zurück:<br />

„Frau Callas behauptet, eine Frau von Charakter zu sein, und erklärt<br />

zugleich, dass ich kein Rückgrat habe. Meine Antwort: Ich habe etwas,<br />

was sie nicht hat, nämlich ein Herz.“<br />

ZITAT DES MONATS<br />

„DIE MUSIK HAT VON ALLEN KÜNSTEN DEN TIEFSTEN<br />

EINFLUSS AUF DAS GEMÜT. EIN GESETZGEBER SOLLTE<br />

SIE DESHALB AM MEISTEN UNTERSTÜTZEN.“<br />

NAPOLEON I. BONAPARTE<br />

HÄTTEN SIE’S GEWUSST?<br />

Musikalischer Eierkocher:<br />

In der Zeit vor der Allgegenwart<br />

von Küchenweckern und<br />

Haushalts-Apps konnte Musik<br />

durchaus auch am Herd von<br />

Nutzen sein: Um <strong>18</strong>82 war die<br />

Eier-Polka op. 35 von L. Hardtberg<br />

ein Hit. Bei mittlerem<br />

Tempo dauert sie genau drei Minuten lang. In der Gebrauchsanweisung<br />

heißt es: „Lege Eier in kochendes Waser,<br />

dann spiel’ die Eier-Polka, allegro moderato; wenn die<br />

Musik beendet ist, nimm die Eier aus dem Topf, und sie<br />

sind fertig zum Servieren.“<br />

(Quelle: Rainer Schmitz und Benno Ure: Tasten, Töne und Tumulte. Alles, was Sie über<br />

Musik nicht wissen. München, 2016)<br />

FOTO: JOE SKILLINGTON /<br />

UNSPLASH<br />

8 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Juni</strong> – <strong>Juli</strong> – <strong>August</strong> 20<strong>18</strong>

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