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CRESCENDO 4/18 Juni-Juli-August 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit John Neumeier, Sophie Pacini, Hans Sigl und David Aaron Carpenter.

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Peter Kofler<br />

Im Orgelversum<br />

Darth Bach im Orgelversum – so „spacig“ sieht das Cover der<br />

Gesamteinspielung aller Orgelwerke des Thomaskantors durch den<br />

Münchner Organisten Peter Kofler aus. Und Folge zwei der Einspielung<br />

beweist: Kofler spielt absolut solide, virtuos, brillant – und<br />

zuweilen überraschend. Bachs Bearbeitung des d-Moll-Konzerts von<br />

Antonio Vivaldi durcheilt er unfassbar flott, drei Choralvorspiele<br />

über Nun kommt der Heiden Heiland dagegen präsentiert er äußerst<br />

gravitätisch. Was aber stets deutlich wird: Koflers in vielen Details<br />

sehr differenzierte Interpretationen sind durchdacht, stringent, aus<br />

einem Guss. Wirklich „spacig“ ist dagegen die Aufnahmetechnik:<br />

10-kanaliges Auro 3D. Das klingt himmlisch, aber Stereo tut’s auch. In<br />

jedem Fall ist alles glasklar durchhörbar, denn die Balance von Instrument<br />

und Raum ist trotz der extrem halligen<br />

Akustik ausgezeichnet. GK<br />

J. S. Bach: „Opus Bach“, Peter Kofler (Horos, IFO Classics)<br />

Track 4 auf der crescendo Abo-CD:<br />

Triosonate C-Dur, BWV 529. II. Largo<br />

SOLO<br />

Martin Klett<br />

Zwischen Tango und Chopin<br />

Die Tonsprache des Komponisten Carlos Guastavino (1912–2000) ist<br />

unbeeinflusst von der Moderne. In seinen Werken verwebt der<br />

Argentinier Einflüsse von Komponisten wie Chopin, Debussy oder<br />

Rachmaninow mit Elementen argentinischer Folklore. Der deutsche<br />

Pianist Martin Klett (*1987) hat nun einige seiner Stücke ausgewählt<br />

und zusammen mit Sergei Rachmaninows Zweiter Klaviersonate in der<br />

überarbeiteten Version von 1931 eingespielt. Darunter finden sich<br />

eine Sonatine sowie eine Reihe von folkloristisch geprägten Cantos,<br />

„Liedern ohne Worte auf Argentinisch“, wie sie Klett treffend<br />

bezeichnet. Das ist originelle Musik, die zwischen Kunst und Unterhaltung<br />

pendelt, was ihren speziellen Reiz ausmacht. Klett interpretiert<br />

sie mit dem nötigen Tangoschwung, zeigt jedoch auch hohe<br />

Klangkultur und kantables Linienspiel, wenn es verlangt wird. Auch<br />

die Deutung von Rachmaninows hochvirtuoser<br />

Zweiter Klaviersonate überzeugt durch kultiviert<br />

temperamentvolles Spiel in den Ecksätzen<br />

und einen lyrisch schlichten Ton im<br />

langsamen Satz. MV<br />

„Gustavino, Rachmaninoff“, Martin Klett (SWR2)<br />

Münchner Philharmoniker<br />

Magische<br />

Klangrede<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

In seinen beiden letzten Orchesterwerken, dem<br />

1943 entstandenen Konzert für Orchester und in dem<br />

kurz vor seinem Tod (fast) vollendeten Klavierkonzert<br />

Nr. 3 hat Béla Bartók ein durchaus versöhnliches und<br />

hoffnungsvolles Resümee seiner musikalischen<br />

Ästhetik und seiner tief humanen, völkerverbindenden<br />

Botschaft gegeben: Beide verdichten die<br />

Weite seines musikalischen Horizonts und die Tiefe<br />

seiner Empfindung in verständliche, auf festem<br />

Boden stehende und doch magische Klangrede. Jetzt<br />

hat der spanische Dirigent Pablo Heras-Casado<br />

beide Werke mit den Münchner Philharmonikern<br />

eingespielt und seinem Landsmann Javier Perianes<br />

den Klavierpart anvertraut: Sie bieten einen ganz<br />

neuen, feinsinnig differenzierten, prägnant frischen,<br />

vom beschwörenden Pathos ungarischer Interpreten<br />

klar abgesetzten Blick auf Bartóks komplexe Strukturen<br />

und lassen so auch den Klangfarbenzauber, die<br />

filigrane Feinmechanik und Bartóks abgeklärtes Spiel<br />

mit dem sinfonischen und konzertanten Vokabular<br />

präzise und doch beseelt aufleuchten: Man spürt<br />

hier, wie sich in Vorahnung seines nahenden Endes<br />

Hoffnung, Verzweiflung und Sehnsucht empfindsam<br />

vermischen. Perianes’ Noblesse und schlichte Klarheit<br />

verleihen dem Klavierkonzert fast Mozart’sche<br />

Wahrhaftigkeit. AC<br />

Béla Bartók: „Konzert für Orchester, Klavierkonzert Nr. 3“, Javier Perianes, Münchner Philharmoniker, Pablo Heras-Casado (Harmonia Mundi)<br />

Track 8 auf der crescendo Abo-CD: Orchesterkonzert BB 123, Sz 116. III. Elegia. Andante non troppo<br />

Lika Bibileishvili<br />

Hinreißend musiziert<br />

Die junge, in München lebende Georgierin Lika Bibileishvili debütiert<br />

bei Farao Classics mit einem hoch anspruchsvollen Programm:<br />

Prokofjews 6. Sonate, Ravels Gaspard de la nuit und den<br />

Sonaten von Sibelius und Bartók. Am wunderbarsten gelingen die<br />

zehn aus Opus 76 ausgewählten Stücke von Jean Sibelius. Hier<br />

offenbart sich Bibileishvili nicht nur als makellose Pianistin, sondern<br />

als innig beseelte, flexibel sich verwandelnde, schalkhafte und<br />

feinsinnige Musikerin. Selten hört man diese unterschätzten Miniaturen<br />

so hinreißend charakteristisch musiziert! Bei Prokofjew und<br />

Bartók, und vor allem bei Ravel, stellt sich noch kein bezwingendes<br />

Gesamterleben der größeren Formen ein. Auch das ist pianistisch<br />

auf sehr hohem Niveau gespielt, und sie steht dabei vielen,<br />

die bereits Karriere gemacht haben, in nichts nach. Doch bei ihrer<br />

Sensitivität und Unmittelbarkeit ist<br />

Großes zu erhoffen. CS<br />

SOLO<br />

FOTO: PRIVAT<br />

„Prokofjew, Ravel, Sibelius, Bartók“, Lika Bibileishvili<br />

(Farao Classics)<br />

Track 3 auf der crescendo Abo-CD: Gaspard de la Nuit.<br />

III. Scarbo von Ravel<br />

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