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CRESCENDO 4/18 Juni-Juli-August 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit John Neumeier, Sophie Pacini, Hans Sigl und David Aaron Carpenter.

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K Ü N S T L E R<br />

BEI BACH GEHT<br />

DER HIMMEL AUF<br />

Der eine probt gerade als Scarpia an der Met, wie er sich von<br />

Tosca Anna Netrebko am eindrucksvollsten erstechen lassen kann, die<br />

andere steht vor einer konzertanten Händel-Aufführung in Wien.<br />

Im Studio nahmen Bassbariton Michael Volle und<br />

Sopranistin Sophie Karthäuser jüngst Musik von Bach auf.<br />

VON WALTER WEIDRINGER<br />

Sophie Karthäuser ist sonst viel bei Mozart, Michael Volle bei Wagner und Verdi zu Hause. Nun vereinen sich ihre Stimmen bei Bach<br />

FOTOS: CARSTEN SANDER; MOLINA VISUALS<br />

crescendo: Herr Volle, Sie stehen meist als Hans Sachs, Wotan<br />

oder Amfortas, als Falstaff oder Scarpia auf der Bühne. Liegt<br />

Bach da nicht in weiter Ferne?<br />

Michael Volle: Ich bin als württembergischer Pfarrerssohn mit<br />

Bach aufgewachsen, ich brauche ihn einfach. Sängerisch hängt es<br />

davon ab, wie wach man im Kopf und wie gesund man in der<br />

Kehle ist. Es soll nicht arrogant klingen, aber ich genieße es,<br />

technisch blitzschnell umschalten zu können: Ich gehe gleich zu<br />

einer Tosca-Probe, könnte aber genauso Ich habe genug oder<br />

Winterreise singen. Es ist wohl eine Frage der Erfahrung. Mit dem<br />

Einatmen muss man schon wissen, wo man ist, in der Met vor<br />

4.000 Leuten oder in intimem Rahmen mit der Akademie für Alte<br />

Musik Berlin für Bach.<br />

Frau Karthäuser, bei Ihnen bildet Mozart das Zentrum des<br />

Repertoires, aber Barock war zugleich immer präsent.<br />

Sophie Karthäuser: Ich habe mit Barockmusik begonnen, der Stil<br />

hat zu meiner Stimme gepasst und tut es hoffentlich immer noch.<br />

Mit wachsender Reife kann ein Sopran wie meiner aber auch in<br />

romantisches Repertoire vorstoßen. Im Kopf und im Herzen muss<br />

man jung bleiben in unserer Profession – eine gesunde Stimme<br />

vorausgesetzt. Mir erscheint das Singen immer mehr wie ein<br />

Sport: Training ist wichtig, um die Elastizität zu erhalten und<br />

verschiedenen Stilen gerecht werden zu können.<br />

Wie empfinden Sie Bachs Schreibweise im Vergleich zu<br />

Mozarts?<br />

Karthäuser: Für mich ist Bach der schwierigste Komponist, er hat<br />

Stimmen wirklich wie Instrumente behandelt. Das macht<br />

natürlich seine Genialität aus, gerade die enorme Zahl und das<br />

Niveau der Kantaten sind unglaublich. Als Sängerin ist es jedoch<br />

nicht einfach, denn meistens gibt es keine Zeit zum Atmen!<br />

Mozart ist für mich die erste Anlaufstelle, zum Beispiel nach<br />

einem Urlaub: Bei ihm fühle ich mich zu Hause. Seine Musik ist<br />

wie Honig, der einem in die Kehle strömt. Und: Bei Mozart ist<br />

man nackt, man kann nicht schummeln.<br />

Volle: Bach schreibt virtuos, man muss die Stimme zurücknehmen<br />

können, leichter singen, Koloraturen formen. Ich bin<br />

26 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Juni</strong> – <strong>Juli</strong> – <strong>August</strong> 20<strong>18</strong>

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