DAS ZAUBERPULVER
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Was er sah, erschütterte ihn derart, daß er nur einen Seufzer ausstieß und kraftlos zu Boden<br />
sank. Die Lebenskraft der unbekannten Pflanze übertraf alles Dagewesene:<br />
Der unfruchtbare Boden war über und über mit Keimen bedeckt. Als Urfin am Vorabend<br />
den Häcksel über den Platz verstreute, fielen Safttropfen auch auf die Pfähle des Zauns<br />
und die Baumstämme, und jetzt zeigten sich überall junge Triebe.<br />
Ein schrecklicher Gedanke durchzuckte den Tischler. Er zog seine Stiefel aus, kehrte die<br />
Sohlen nach oben und sah, daß auch sie von winzigen Keimen bedeckt waren. Junge<br />
Triebe lugten aus den Nähten seiner Kleider und sprossen auf dem Hackklotz.<br />
In der Vorratskammer gewahrte er, daß auch der Stiel seines Beils von jungen Sprossen<br />
bedeckt war.<br />
Da setzte er sich auf die Treppe vor seiner Haustür und begann nachzudenken. Was sollte<br />
er nun anfangen? Sein Heim verlassen und fortziehen? Es tat ihm aber leid, sich von<br />
seinem großen Haus und dem Garten zu trennen.<br />
Urfin ging zur Eule, die auf ihrer Stange saß und die gelben Augen wie immer am Tage<br />
zugekniffen hielt, und schilderte ihr sein Leid. Der Vogel wiegte sich lange auf der Stange<br />
und dachte angestrengt nach.<br />
„Versuch doch, den Häcksel in der Sonne zu rösten", riet Guamoko ihrem Herrn.<br />
Urfin zerkleinerte ein paar Triebe, streute sie auf ein Blech mit umgebogenen Rändern und<br />
legte dieses unter die heißen Strahlen der Sonne.<br />
„Wollen mal sehen, wie es euch hier ergehen wird!" brummte er. „Wenn ihr so weiter<br />
wachst, ziehe ich fort.<br />
Die Pflanzen keimten nicht. Ihre Wurzeln hatten nicht die Kraft, das Blech zu durchstoßen.<br />
In wenigen Stunden verwandelte die heiße Sonne des Wunderlandes den grünen Häcksel in<br />
braunes Pulver.<br />
„Nicht umsonst bekommt Guam ihr Futter", sagte Urfin zufrieden, „ein kluger Vogel …“<br />
Urfin nahm einen Handkarren und begab sich nach Kogida, wo er sich von den Hausfrauen<br />
Bleche geben ließ, auf denen sie ihre Kuchen buken.<br />
Als er mit einem Karren voller Bleche zurückkehrte, hob er drohend die Fäuste und zischte<br />
seine Feinde an:<br />
„Jetzt werd ich euch's heimzahlen!"<br />
Er arbeitete verbissen von früh bis spät, nur am Nachmittag machte er eine kleine Pause.<br />
Urfin ging methodisch zu Werke. Er merkte sich jedes Mal eine kleine Fläche vor, die er<br />
sorgfältig von den Pflanzen säuberte, daß keine einzige übrigblieb. Das mit der Wurzel<br />
ausgegrabene Unkraut zerkleinerte er in einer Blechschüssel und breitete es dann zum<br />
Trocknen auf die Bleche aus, die in langen Reihen in der Sonne lagen. Dann tat er das<br />
braune Pulver in Blechkübel, die er zudeckte. So arbeitete er zäh und unverdrossen vom<br />
Morgen bis zum Abend. Die mit dem Unkraut bewachsene Fläche schrumpfte zusehends.<br />
Schließlich kam der Tag, an dem die letzte Pflanze sich in braunes Pulver verwandelt hatte.<br />
In einer einzigen Woche hatte sich Urfin so abgerackert, dass er kaum noch auf den Beinen<br />
stehen konnte. Als er über die Schwelle seines Hauses trat, strauchelte er, wobei der Eimer<br />
in seiner Hand umkippte und ein Teil des braunen Pulvers auf das Bärenfell fiel, das dem<br />
Hausherrn als Fußmatte diente.<br />
Urfin stellte den letzten Kübel beiseite, deckte ihn wie die anderen zu, wankte zum Bett<br />
und schlief sofort ein.