DAS ZAUBERPULVER
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Im Schlaf fühlte er sich von jemandem an der Hand gezerrt und erwachte darüber. Als er<br />
die Augen öffnete, erstarrte das Blut in seinen Adern:<br />
Am Bett stand ein Bär, der den Ärmel von Urfins Rock in den Zähnen hielt.<br />
„Ich bin verloren“, durchzuckte es Urfin ... ,Jetzt wird er mich fressen .. . Wie ist dieses<br />
Ungeheuer aber in mein Haus gekommen? Die Tür war doch verschlossen ...“<br />
Minuten vergingen, der Bär aber schien nichts Böses im Sinne zu haben. Er zerrte lediglich<br />
an Urfins Ärmel, tat dann den Rachen auf und sprach mit tiefer, heiserer Stimme:<br />
„Herr! Es ist Zeit aufzustehen, du schläfst zu lange!"<br />
Urfin war so verblüfft, daß er aus dem Bett fiel: Das Bärenfell, das früher an der Schwelle<br />
gelegen hatte, stand jetzt auf vier Tatzen vor seinem Bett und schüttelte den Kopf.<br />
„Das Fell meines toten Bären ist lebendig geworden, es geht umher, es spricht ... Wie ist<br />
das möglich? Hat vielleicht das verschüttete Pulver ...?“<br />
Um sich Klarheit zu verschaffen, wandte sich Urfin an die Eule.<br />
„Guam . . . Guamoko !"<br />
Die Eule schwieg.<br />
„Hör mal, du frecher Vogel!" brüllte der Tischler. „Ich hab mir die Zunge schon genug<br />
verrenkt mit deinem verfluchten Namen! Willst du nicht antworten, so jag ich dich fort!<br />
Kannst dir dann selber das Futter im Walde suchen!"<br />
Da sagte die Eule versöhnend:<br />
„Na schön, reg dich nicht auf. Meinetwegen nenn mich Guamoko, aber keine Silbe<br />
weniger. Was wolltest du mich fragen?"<br />
„Ist die Lebenskraft der unbekannten Pflanze wirklich so groß, daß sogar ihr Pulver ein<br />
Fell lebendig machen kann?"<br />
„ Ja, du hast's erraten. Von dieser Pflanze hat mir schon meine Urgroßmutter erzählt, .<br />
Karitofilaxi, die Weiseste aller Eulen . . ."<br />
„Schweig!" brüllte Urfin, „schließ die Klappe! Und du, Bärenfell, marsch auf deinen Platz!<br />
Ich will jetzt mal nachdenken!"<br />
Das Fell trottete zur Schwelle und legte sich auf seinem alten Platz nieder.<br />
„Wer hätte das für möglich gehalten?" brummte Urfin. Er setzte sich an den Tisch und<br />
stützte den Kopf mit dem wirren Haar in die Hände. „Ob mir das Pulver nutzen kann?"<br />
Nach langem Grübeln entschied der ehrgeizige Tischler, daß es ihm nutzen könne.<br />
Vorerst wollte er aber prüfen, wie groß die Kraft des lebenspendenden Pulvers sei. Auf<br />
dem Tisch stand ein ausgestopfter Papagei mit blauen, roten und grünen Federn. Urfin<br />
nahm etwas braunes Pulver und streute es über Kopf und Rücken des Vogels.<br />
Da ereignete sich etwas ganz Unbegreifliches. Das Pulver begann zu zischen und zu<br />
rauchen, die winzigen braunen Körnchen drangen durch die Federn in die Haut des<br />
Papageis und verschwanden. Der Vogel regte sich, reckte den Kopf, blickte um sich, hob<br />
die Schwingen und flog kreischend durch das offene Fenster ins Freie.<br />
„Es wirkt!" frohlockte Urfin. „Es wirkt! . . . Wie kann ich es noch anders ausprobieren?"<br />
An der Wand hing ein riesiges Hirschgeweih. Urfin bestreute es reichlich mit dem Pulver.<br />
„So, wollen doch mal sehen."<br />
Er brauchte nicht lange zu warten. Wieder stieg Rauch auf, wieder schmolzen die<br />
Körnchen, dann knarrte es plötzlich, und die Nägel, mit denen das Geweih an die Wand