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DAS ZAUBERPULVER

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Nach ein paar Minuten wurde der Scheuch hereingeführt. Der Eiserne Holzfäller sah<br />

dessen zerrissenes Kleid, aus dem das Stroh hervorkam, und die schlaffen Arme, und es<br />

ergriff ihn tiefes Mitleid mit seinem Freund, der noch unlängst über die Smaragdenstadt<br />

geherrscht und stolz gewesen war auf sein prächtiges Gehirn.<br />

Tränen rannen aus den Augen des Eisernen Holzfällers.<br />

„Gib acht, du hast die Ölkanne nicht bei dir!" schrie entsetzt der Scheuch. „Du wirst ja<br />

verrosten!"<br />

„Verzeih, mein Freund!" sagte der eiserne Mann. „Man hat mich schändlich überlistet, und<br />

ich hab dir nicht helfen können."<br />

„Nein, du mußt mir verzeihen, daß ich dich so voreilig rufen ließ", entgegnete der Scheuch.<br />

„Genug der Zärtlichkeiten!" fuhr Urfin sie grob an. „Es geht jetzt nicht darum, wer wem zu<br />

verzeihen hat, sondern um euer Schicksal. Werdet ihr mir dienen oder nicht? Ich will euch<br />

hohe Ämter geben, zu Statthaltern machen, ihr sollt wie früher eure Länder regieren, aber<br />

nur unter meiner Oberherrschaft."<br />

Der Scheuch und der Eiserne Holzfäller wechselten einen Blick und erwiderten:<br />

„Nein!"<br />

„Ihr seid von eurer Niederlage noch ganz benommen und wißt gar nicht, was ihr redet",<br />

sagte Urfin grimmig. „Denkt daran, daß ihr in meiner Hand seid, bevor ihr antwortet!"<br />

„Nein", wiederholten der Holzfäller und der Scheuch.<br />

„Überlegt euch eure Lage, ich will euch Zeit lassen. Morgen zur selben Stunde werdet ihr<br />

wieder vor mir stehen. Hallo, Wache! In den Keller mit den Beiden!",<br />

Ein paar Soldaten mit einem rotbemalten Unteroffizier führten die Gefangenen ab.<br />

Kaggi-Karr aber flog auf das Weizenfeld, um sich zu stärken. Doch dieses Feld gehörte<br />

jetzt nicht mehr ihr. Schon von weitem erblickte sie etwa zwei Dutzend Männer und<br />

Frauen, die unter Aufsicht violetter Soldaten den Weizen abmähten.<br />

Mißgelaunt flog Kaggi-Karr in den Wald, wo sie einigermaßen ihren Hunger stillte. Am<br />

nächsten Morgen saß sie wieder auf dem Fenstersims und wartete, daß die Gefangenen in<br />

den Thronsaal geführt würden.<br />

Der Holzfäller und der Scheuch schlugen Urfins Angebot abermals aus.<br />

Am dritten Tag standen sie wieder vor dein wütenden Diktator.<br />

„Nein, nein und abermals nein!" war ihre Antwort, und dabei blieb es.<br />

„R-r-richtig! Urr-ffin! Kan-nail-le!" ließ sich eine jauchzende Stimme vom Fenster<br />

vernehmen.<br />

Kaggi-Karr hatte sich nicht beherrschen können, sie mußte ihre Meinung äußern. Urfin<br />

befahl den Höflingen, die Krähe zu fangen. Ihre Mühe war jedoch umsonst. Als sie<br />

herausgestürzt kamen, flog Kaggi-Karr mit höhnischem Gekrächze auf den oberen<br />

Fenstersims.<br />

„Hört meinen Spruch!" sagte Urfin. Alle Anwesenden hielten den Atem an. „Ich könnte<br />

den Scheuch verbrennen und aus dem Eisernen Holzfäller Nägel schmieden, ich tue es aber<br />

nicht, sondern laß sie am Leben . . . ."<br />

Die Höflinge begannen den Großmut ihres Herrschers zu preisen.<br />

Urfin fuhr fort:<br />

„Jawohl, ihr frechen Starrköpfe, ich laß euch am Leben, aber nur für ein halbes Jahr.<br />

Werdet ihr euch nach Ablauf dieser Frist meinem Willen nicht fügen, so hat eure Stunde

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