DAS ZAUBERPULVER
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DAS ZAUBERPULVER
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Urfin war verzweifelt. Das Zaubermittel, das ihm solche Macht verliehen hatte, war<br />
verbraucht. Jetzt besaß er nur, was er bisher geschaffen hatte . . .<br />
Er hatte immer neue und neue Soldaten hergestellt, ohne daran zu denken, daß das Pulver<br />
einmal ausgehen könnte, daß der Vorrat nicht ewig sei.<br />
Nun erkannte er seinen entsetzlichen Irrtum.<br />
Er wollte aber versuchen, mit dem Rest des Pulvers wenigstens die zehn Soldaten und den<br />
Unteroffizier, die letzten Reserven seiner Streitmacht, zu beleben. Sorgfältig teilte er das<br />
Pulver in elf Teile und bestreute damit die liegenden Figuren.<br />
Wie gewöhnlich fing das Zaubermittel leise zu zischen und zu rauchen an und drang in das<br />
Holz ein. Urfin wartete. Es vergingen zehn Minuten, fünfzehn . . . Die Holzköpfe begannen<br />
sich zu rühren und ihre Glasaugen langsam zu drehen. Nach weiteren zehn Minuten<br />
versuchte der Unteroffizier, der etwas mehr vom Pulver bekommen hatte, aufzustehen,<br />
doch es wollte ihm nicht gelingen. Urfin half ihm. Mit großer Mühe kam der Holzmann<br />
schließlich auf die Beine und stand schwankend da.<br />
Das bißchen Pulver konnte solch großen Figuren nicht genügend Leben eingeben.<br />
Wieder vergingen fünfzehn Minuten, dann hatten sich auch die Soldaten mühsam erhoben.<br />
Urfin wollte sie in Reih und Glied ausrichten, es kam aber nur ein schwankender Haufen<br />
zustande, und die Soldaten mußten sich aneinander festhalten, um nicht umzufallen.<br />
Anderthalb Stunden brauchte der Zug, um bis zur Tür der Werkstätte zu gelangen. Um den<br />
Schloßhof zu überqueren, hätte er wahrscheinlich vierundzwanzig Stunden gebraucht.<br />
Urfin verzichtete jedoch darauf. Er rief einen Gefreiten herbei und befahl ihm, die sich<br />
kaum regenden Holzköpfe ins Feuer zu werfen.<br />
DER SIEG<br />
Unterdessen waren seit der Flucht der Gefangenen mehrere Wochen vergangen.<br />
Die schnellfüßigen Polizisten, die auf Kundschaft in das Violette Land ausgezogen waren,<br />
kehrten mit beunruhigenden Nachrichten zurück. In den Nächten hatten sie sich auf<br />
Schleichwegen den Versammlungsplätzen genähert und, in Schluchten und hinter Steinen<br />
verborgen, gelauscht, was die Leute sprachen. Auf diese Weise erfuhren sie, daß<br />
demnächst eine Armee aus mehreren Hundert Zwinkerern unter Führung des Scheuchs, des<br />
Eisernen Holzfällers, des Langbarts Din Gior und eines geheimnisvollen Riesen namens<br />
Holzfuß gegen Urfin antreten würde. Die Vorbereitungen seien in vollem Gange, erzählten<br />
sie, man arbeite an einer besonderen Waffe, die Zwinkerer würden unter Din Giors Leitung<br />
militärisch ausgebildet.<br />
Urfin hielt die qualvolle Unruhe nicht länger aus und beschloß, eine Entscheidung<br />
herbeizuführen. Er ließ seinen Obersten Zeremonienmeister Ruf Bilan sowie den General<br />
Lan Pirot zu sich kommen und sagte zu ihnen:<br />
„Ich habe beschlossen, meine Armee in den Kampf zu führen! Es ist an der Zeit, den<br />
Rebellen zu zeigen, wer der Herrscher im Wunderland ist."<br />
Der Oberste Zeremonienmeister erbleichte. Er hatte als erster die Kundschafter ausgefragt<br />
und wußte über die Lage viel mehr, als er dem König mitzuteilen für ratsam hielt.