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DAS ZAUBERPULVER

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Als er den zweiten Soldaten fertig hatte, war es Urfin klar, daß die Schaffung einer ganzen<br />

Armee viele Monate dauern würde. Er aber wollte möglichst schnell in den Krieg ziehen.<br />

Deshalb beschloß er, die zwei fertigen Soldaten zu Gehilfen zu machen.<br />

Es war nicht leicht, den Holzmännern das Tischlerhandwerk beizubringen. Sie kapierten so<br />

langsam, daß Urfin die Geduld riß und er wütend zu schimpfen begann.<br />

„Ihr Taugenichtse! Ihr Holzköpfe ...!"<br />

Bei einem neuerlichen Wutanfall brüllte er einen der Lehrlinge an. „Du, du... wie soll ich<br />

dich nur nennen..." Da schlug sich dieser mit der Faust auf die hölzerne Brust, daß es<br />

dröhnte, und erwiderte: „Holzkopf!"<br />

Urfin lachte schallend:<br />

„Gut, so will ich euch von jetzt an nennen - Holzköpfe, der Name paßt zu euch!"<br />

Als die Kerle schon ein wenig vom Handwerk verstanden, begannen sie ihrem Meister<br />

tatsächlich zu helfen. Sie behauten die Klötze für die Körper, Arme und Beine und<br />

hobelten die Finger der künftigen Soldaten.<br />

Es gab natürlich auch komische Vorfälle. Einmal mußte Urfin für kurze Zeit das Haus<br />

verlassen. Vor dem Weggehen befahl er den Holzmännern, ein Dutzend Stämme zu<br />

zersägen. Bei seiner Rückkehr bot sich ihm aber ein so entsetzliches Bild, daß er wie ein<br />

Wilder zu toben anfing. Die Gehilfen hatten die Hölzer im Nu zersägt, und da sie nicht<br />

wußten, was sie weiter tun sollten, begannen sie andere hölzerne Gegenstände zu zersägen.<br />

Hobelbänke, Zaun und Tor mußten daran glauben . . . Auf dem Hof lagen bereits Berge<br />

von Abfällen, die nur noch als Brennholz verwendet werden konnten. Aber selbst das war<br />

den eifrigen Sägern nicht genug. Da der Meister noch immer nicht kam, begannen sie sich<br />

gegenseitig in die Beine zu sägen!<br />

Ein andermal spaltete ein Holzkopf mit Hilfe von Keilen einen dicken Klotz. Während er<br />

den Keil mit dem Beil herausschlug, legte er aus Unerfahrenheit die Finger der Linken in<br />

den Spalt. Der Keil flog heraus, die Finger aber blieben im Holz stecken. Als er sie nicht<br />

freibekam, hackte er sie kurzerhand ab.<br />

Seither hütete sich Urfin, die Gehilfen allein zu lassen.<br />

Die Herstellung der Soldaten war in vollem Gange, und Urfin nahm die Unteroffiziere in<br />

Arbeit.<br />

Sie gerieten ihm großartig. Ihre Mahagonifiguren überragten die Soldaten, sie hatten noch<br />

kräftigere Arme und Beine als diese und grimmige rote Gesichter, die jedermann Angst<br />

einjagen konnten.<br />

Die Soldaten durften aber nicht wissen, daß die Unteroffiziere auch aus Holz sind. Deshalb<br />

fertigte sie Urfin in einem anderen Raum an.<br />

Der schlaue Tischler verwandte viel Zeit auf ihre Erziehung. Den Unteroffizieren mußte<br />

eingehämmert werden, daß sie vor ihrem Gebieter nichtige Geschöpfe sind und alle seine<br />

Befehle auszuführen haben. Den Soldaten gegenüber aber sollten sie anspruchsvolle und<br />

gestrenge Vorgesetzte sein, denen jeder Gemeine blinden Gehorsam schuldete. Als<br />

Zeichen ihrer Macht gab Urfin den Unteroffizieren Knüppel aus Eisenholz und erklärte<br />

ihnen, sie würden sich nicht zu verantworten haben, wenn sie diese an den Rücken ihrer<br />

Untergebenen zerbrächen.

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