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DAS ZAUBERPULVER

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ingen, auch nur einen Blutegel oder eine Maus zu verzehren. Er hatte sich statt dessen<br />

aber einen Trick ausgedacht:<br />

Noch vor dem Schmaus bestellte er den Koch Baluol zu einer längeren Unterredung unter<br />

vier Augen. Als der Dicke fortging, schnitt er schreckliche Grimassen, und es kostete ihn<br />

ungeheure Anstrengung, ein Lachen zu unterdrücken. Er hätte viel darum gegeben,<br />

jemanden in das Geheimnis einweihen zu dürfen, das ihm Urfin anvertraut hatte. Er hütete<br />

sich aber, es auszuplaudern, denn Urfin hatte ihm das unter Todesstrafe verboten. Baluol<br />

schickte die Küchenjungen fort, verschloß die Türen und bereitete die Speisen, die der<br />

Herrscher gefordert hatte.<br />

Der Schmaus ging seinem Ende entgegen, die Hofleute hatten schon unzählige Gläser auf<br />

die Gesundheit ihres Herrschers geleert.<br />

Urfin saß zu Häupten des Tisches auf Goodwins Thron, der aus dem Thronsaal<br />

herbeigeschafft worden war, damit jedermann die Größe des Eroberers sehe. Die<br />

Smaragden waren<br />

längst überall herausgebrochen worden, nur die im Thron eingefaßten hatte man nicht<br />

angerührt, und jetzt ließ ihr Gefunkel das finstere Gesicht des Diktators noch abstoßender<br />

erscheinen.<br />

Auf der Lehne des Throns hockte mit schläfrig zusammengekniffenen Augen die Eule.<br />

Daneben stand Meister Petz, der die Anwesenden scharf im Auge behielt. Er war bereit,<br />

sich auf jeden zu stürzen, der es dem Herrscher gegenüber an Respekt fehlen lassen sollte.<br />

Plötzlich tat sich die Tür auf, und herein trat der Koch mit zwei Tellern auf einem<br />

goldenen Tablett.<br />

„Die Lieblingsspeisen Eurer Majestät!" meldete er laut und stellte das Tablett vor den<br />

König hin.<br />

Den Hofleuten drehte sich der Magen um, als sie die Speisen sahen. Auf einem Teller<br />

türmten sich geräucherte Mäuse mit geringelten Schwänzchen, auf dem anderen lagen<br />

schwarze schlüpfrige Blutegel.<br />

Urfin sagte:<br />

„Wir Zauberer haben einen besonderen Geschmack, und er wird euch einfachen Menschen<br />

vielleicht etwas merkwürdig vorkommen . . ."<br />

Meister Petz brummte:<br />

„Ich möchte den Kerl sehen, dem der Geschmack unseres Herrschers merkwürdig<br />

vorkommet!"<br />

Grabesstille herrschte im Saal, als Urfin mehrere geräucherte Mäuse hintereinander<br />

verzehrte und dann einen Blutegel, der sich unter seinen Fingern wand, an den Mund<br />

führte.<br />

Alle Anwesenden blickten zu Boden, ausgenommen den Obersten Zeremonienmeister Ruf<br />

Bilan, der den Herrscher unterwürfig anstarrte.<br />

Wie würden sich die Zuschauer dieses Schauspiels gewundert haben, hätten sie das<br />

Geheimnis des Königs und seines Kochs gekannt! Die Zauberspeisen waren nämlich nur<br />

eine geschickte Fälschung: Baluol hatte die Mäuse aus zartem Kaninchenfleisch zubereitet<br />

und die Blutegel aus süßem Schokoladeteig gebacken, und wenn diese sich wanden, so nur<br />

dank den flinken Fingern Urfins.

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