SPORTaktiv Juni 2023
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PERSONALITY Timo Pritzel<br />
Öfter einfach nur SEIN statt<br />
zu TUN – Timo Pritzel kann<br />
es jedem empfehlen.<br />
FOTO: NOX/Christoph Laue<br />
leer ist und ich unter Zeitdruck stehe,<br />
kann ich dank des E-Bikes noch<br />
mal schnell in die Natur. Dann fahre<br />
ich zur Havel oder auf den Teufelsberg<br />
in Berlin, um einen weiten<br />
Blick auf den Sonnenuntergang zu<br />
haben.“<br />
Downward-Facing-Biker<br />
Neben den ruhigen Momenten in<br />
der Natur hilft ihm seit 2002 auch<br />
Yoga dabei „den Affen im Kopf zur<br />
Ruhe zu bringen“. Denn das Leben<br />
als Bike-Pro ist alles andere als ein<br />
gewöhnlicher Nine-to-five-Job. Zur<br />
körperlichen Anstrengung kommt<br />
die mentale Anspannung, die beim<br />
Leistungssport allgegenwärtig ist.<br />
Und so wie die Regeneration in den<br />
Trainingsalltag integriert werden<br />
muss, braucht auch der Kopf eine<br />
Pause: „Für mich ist Yoga Meditation<br />
in Bewegung. Der Kämpfer in<br />
mir übt beim Yoga mal den Wettbewerbsgeist<br />
zu entspannen und einfach<br />
nur Freude an der Bewegung<br />
zu haben. Es geht darum, aus dem<br />
Fight-or-Flight-Modus herauszukommen<br />
und nach einer guten, tiefgehenden<br />
Yoga Klasse können die<br />
meisten endlich mal loslassen. “<br />
Yoga unterstützt aber auch die<br />
Koordination und den gesamten Bewegungsapparat.<br />
Timo sieht das als<br />
eine Investition in die eigene Zukunft:<br />
„Ich spüre mich mehr, bin<br />
bewusster und höre mehr auf meine<br />
Intuition. Wenn ich eine Auszeit<br />
brauche, nehme ich sie mir, bevor<br />
es zu spät ist. Ich atme tiefer und<br />
habe dadurch mehr Energie und ich<br />
weiß, dass ich mit dem Yoga eine<br />
Disziplin gefunden habe, die mich<br />
bis ins hohe Alter fit und glücklich<br />
halten wird und dafür sorgt, dass<br />
ich meinen Sport so lange wie möglich<br />
ausüben kann.“<br />
Durch eine Verletzung hat<br />
Timo die Vorzüge des E-Bikes kennengelernt.<br />
Heute hilft ihm Yoga<br />
dabei, Verletzungen vorzubeugen:<br />
„Mit mehr Flexibilität kann mein<br />
Körper Verletzungen und Stürze<br />
besser auffangen. Und ich verletze<br />
mich weniger, weil ich eine bessere<br />
Balance, einen klareren Fokus und<br />
einen gesünderen und ganzheitlich<br />
trainierten Körper habe.“ Sein Wissen<br />
gibt der ehemalige BMX-Dirt-<br />
Weltmeister auch als Yoga Lehrer<br />
weiter.<br />
Strom aus<br />
Yoga hilft dem 46-Jährigen dabei,<br />
die eigenen Akkus wieder aufzuladen,<br />
E-Motoren nutzt er für eine<br />
neue Naturerfahrung, die zuvor auf<br />
dem Downhill-Bike nicht möglich<br />
war. Trotzdem, warnt Timo, sollten<br />
wir nicht alle technischen Möglichkeiten<br />
unreflektiert übernehmen:<br />
„Ich habe persönlich gemerkt, wie<br />
das Telefon mich zu sehr ablenkt<br />
und in seinen Bann zieht. Zum Beispiel<br />
wie wichtig es für mich ist,<br />
die erste Stunde des Tages gut zu<br />
nutzen und nicht das Telefon anzumachen,<br />
damit ich mich auf das We-<br />
ZUR PERSON<br />
Timo Pritzel<br />
geb. am 29.04.1977, wohnt in Berlin, seit<br />
1996 Freeride MTB-Profi, seit 1983<br />
im BMX-Sport aktiv. Erfolge: 6 mal<br />
deutscher Meister in BMX, 3 mal Race, 1x<br />
Street, 2x Dirt, 3. Platz ABA Grandationals<br />
USA (eines der größten BMX-Races<br />
der Welt); World Champion BMX Dirt,<br />
2nd Place Crankworx Slopestyle<br />
instagram.com/timopritzel<br />
instagram.com/yogaforbikers<br />
sentliche konzentrieren kann. Der<br />
Unterschied, wenn man morgens<br />
erst mal in den Himmel schaut und<br />
einen Spaziergang macht oder Zeit<br />
für Sport hat, anstatt in das Telefon<br />
zu schauen, ist riesig.“<br />
Unter dem Schlagwort „digital<br />
detox“ versucht er die Screentime<br />
bewusst und produktiv zu nutzen,<br />
anstatt Stunden, die er in der Natur<br />
verbringen könnte, vor dem Bildschirm<br />
zu sitzen. Timo versinnbildlicht<br />
die Problematik mit einem<br />
praktischen Beispiel: „Bei mir im<br />
Fitnessstudio musste ein Handyverbotschild<br />
in der Sauna aufgehängt<br />
werden, weil zu viele Teenager<br />
selbst hier ihr Gerät nicht liegen<br />
lassen konnten.“ Es müssen also<br />
nicht nur Geist und Körper ab und<br />
zu abschalten, auch das Smartphone<br />
sollte öfter dunkel bleiben. „Dabei<br />
geht es darum, auch zu lernen<br />
im Moment zu sein. Einfach nur zu<br />
sein und nichts zu tun.“<br />
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