SPORTaktiv Juni 2023
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FIT<br />
FOTO: iStock, Dr. Dominik Klug<br />
Die Zellen<br />
entrümpeln<br />
„Spermidin“ hat den Ruf eines Lebensverlängerers und<br />
war etwa mit vielversprechenden Studien zum Thema<br />
Demenz unlängst in den Medien. Ist die Substanz auch<br />
im Freizeitsport interessant? <br />
von Christof Domenig<br />
eginnen wir mit einem<br />
kleinen Umweg<br />
B<br />
zum Intervallfasten.<br />
Diese Lebensweise<br />
gilt auch deshalb als<br />
gesund, weil durch<br />
das Unterbrechen der Energiezufuhr<br />
für zumindest 16 Stunden ein<br />
Prozess namens Autophagie im Körper<br />
ausgelöst wird. Eine Art Aufräum-<br />
und Entrümpelungsprozess in<br />
den Körperzellen, welcher der Gesundheit<br />
dient und der Zellalterung<br />
entgegenwirkt. Gesundes, gewissermaßen<br />
„verlangsamtes“ Älterwerden<br />
wird mittlerweile mit den Autophagie-Prozessen<br />
im Körper in Verbindung<br />
gebracht. Auch wir haben<br />
uns im Magazin mit Intervallfasten<br />
und Autophagie in der Vergangenheit<br />
öfter beschäftigt.<br />
Eben jene Autophagie soll auch<br />
eine Substanz auslösen, die seit einigen<br />
Jahren intensiv erfoscht wird:<br />
Spermidin. In Zusammenhang mit<br />
Demenzvorbeugung waren etwa die<br />
spermidinreichen Weizenkeime unlängst<br />
in den Schlagzeilen. Auch am<br />
Markt der Nahrungsergänzung sind<br />
Spermidin-Produkte mittlerweile<br />
angekommen. Was hat es damit auf<br />
sich und kann Spermidin auch speziell<br />
für die sportliche Zielgruppe interessant<br />
sein?<br />
Ja, absolut, meint der Mediziner<br />
und Gesundheitscoach Dominik<br />
Klug und erklärt grundsätzlich:<br />
„Spermidin zählt zu den Polyaminen.<br />
Es ist eine Substanz, die der<br />
Körper selbst produzieren kann, die<br />
man aber auch in Lebensmitteln findet“.<br />
Falls sich jemand fragt, woher<br />
der Name stammt: Spermidin wurde<br />
zuerst in der männlichen Samenflüssigkeit<br />
nachgewiesen.<br />
Mediziner Klug beschäftigt sich<br />
mit dem noch ebenfalls jungen Feld<br />
der „Longevity“, also der „Langlebigkeit“,<br />
und hier habe Spermidin<br />
viel Aufmerksamkeit bekommen:<br />
„Man weiß mittlerweile, dass es<br />
nicht nur die ‚Lifespan‘ insgesamt,<br />
sondern vor allem die ‚Healthspan‘,<br />
die Anzahl der gesunden Lebensjahre,<br />
positiv beeinflussen kann.“<br />
Spermidin und Sport<br />
In Forschungen habe man erkannt,<br />
dass Spermidin positive Einflüsse<br />
ZUR PERSON<br />
Dr. Dominik Klug<br />
ist Mediziner, Gesundheitscoach, Autor<br />
und Speaker, Gründer und Geschäftsführer<br />
von „Daily Med“.<br />
daily-med.at<br />
auf mehrere Organsysteme hat, die<br />
Herz-Kreislauf-Gesundheit, die Nierengesundheit,<br />
aber auch etwa die<br />
kognitive Gesundheit – Konzentration<br />
oder Merkfähigkeit betreffend.<br />
„Sehr interessant ist die Kombination<br />
von Sport und Spermidin. Es ist<br />
kein Ersatz für den Sport, aber einige<br />
der positiven Effekte des Sports<br />
werden dadurch angeregt und womöglich<br />
sogar intensiviert.“ Abgesehen<br />
davon, dass die Aussicht auf<br />
ein langes gesundes Leben grundsätzlich<br />
für jeden Menschen wohl<br />
interessant ist, kennt Klug auch<br />
sportspezifische Auswirkungen:<br />
„Man weiß, dass Spermidin antientzündliche<br />
und antioxidative Komponenten<br />
mit sich bringt, dass es positive<br />
Assoziationen zum Thema Sehnengesundheit<br />
hat oder auch hilft,<br />
das Muskelwachstum zu erhalten.“<br />
In Weizenkeimen, bestimmten<br />
Sojaprodukten („Natto“) und gewissen,<br />
sehr gereiften Käsesorten ist<br />
viel Spermidin enthalten – grundsätzlich<br />
wäre eine natürliche spermidinreiche<br />
Ernährung also wohl<br />
machbar. Einfacher und vor allem<br />
für eine gezielte Dosierung hilfreich<br />
ist die Verwendung von Nahrungsergänzung,<br />
so Klug. Auch wenn sich<br />
die Vorteile überwiegend im fortgeschrittenen<br />
Alter zeigen, so „gibt es<br />
die Tendenz zu empfehlen, dass man<br />
mit 30, 35 Jahren beginnt, Spermidin<br />
zu supplementieren. Das heißt<br />
nicht, dass es mit 50, 60 zu spät ist –<br />
überhaupt nicht. Aber es scheint<br />
vorteilhaft zu sein, wenn man noch<br />
jung damit beginnt“.<br />
Zu betonen ist, dass die Forschung<br />
im Laufen ist, viele Zusammenhänge<br />
noch unklar sind. Aber<br />
etliche Studien weisen darauf hin,<br />
dass Spermidin (so wie regelmäßiger<br />
Sport) ein Baustein zum gesunden,<br />
fitten Älterwerden sein kann.<br />
Nebenwirkungen bei Supplementierung<br />
sind auch langfristig keine bekannt,<br />
so Klug, der abschließend<br />
rät: Grünes Licht von seinem Arzt<br />
vor einer Ein nahme holen, so ist<br />
man auf der sicheren Seite.<br />
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