FAMILIE Dafür haben wir am Ende die Entspannungsübung „Sonnenatmung“ kreiert, die Ruhe und schöne Wohlfühlmomente schenkt. <strong>CHI</strong>: Warum ist Bewegung für Kinder grundsätzlich so wichtig? Welche Bewegungsempfehlungen gibst du Kids? Simone: Bevor ich auf die Bewegung für Kinder eingehe, möchte ich kurz zurück in die Steinzeit reisen. Die damaligen Menschen haben täglich 30 bis 40 Kilometer pro Tag zurückgelegt, um an Nahrung zu kommen. Das sind sozusagen die ersten Biathleten gewesen. Das zeigt, dass der Mensch für die Bewegung gemacht ist. Leider schaffen es viele heutzutage teilweise nur auf 800 Meter pro Tag. Der Weg zum Kühlschrank ist zu kurz. Auch durch die Schnelllebigkeit und die oft zu vielen Anforderungen, die in unserem Beruf und Alltag verlangt werden, ist es bequemer, den Aufzug zu nehmen oder ins Auto zu steigen. Kinder haben noch diesen natürlichen Bewegungsdrang, und es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass sich Bewegung positiv auf die Gedanken- und Gefühlswelt auswirkt. Kinder in ihrer Natürlichkeit schon in jungen Jahren einzuschränken oder sie gar nicht erst zu fördern oder zu fordern, ist ein No- Go. Sie lernen über die Bewegung. Sie erfahren sich selbst in ihrem Sein, in ihrem Körper und in ihrer Umwelt um einiges intensiver mit Bewegung. Meine Empfehlung lautet: Lasst die Kinder sich so viel bewegen, laut sein und austoben, wie sie möchten. Sie sitzen in der Schule viel zu lang und brauchen diesen Ausgleich in Form von Bewegung. Oft benötigt es dazu nicht viel. Einfach raus in die Natur, in den Wald, ins Grüne. Mit Freude und ohne Druck finden Kinder dort schnell Inspiration und sind mit einem Stock oder etwas anderem, was sie im Freien finden, zufrieden. Und in der Gemeinschaft als Familie oder mit Gleichaltrigen wird es oft zum Selbstläufer. Klar ist es schwieriger, wenn die Eltern Bewegungsmuffel sind. Deswegen ist es umso wichtiger für unsere Gesellschaft, neue Wege zu gehen, um wieder mehr Bewegung ins Leben zu bringen – auf allen Ebenen. Der Sportunterricht darf nicht gestrichen werden! Wenn ich an meine Kindheit denke, sind mir noch viele Bilder im Kopf, wie ich den ganzen Tag mit anderen Kindern um die Häuser gezogen bin, Verstecken oder andere Dinge gespielt habe. Da kam die Bewegung nie zu kurz und ich habe mich am Abend schon auf den nächsten Tag gefreut. Auch ein aktuelles Thema ist, dass schon in der frühen Kindheit in den Vereinen zu viel spezifisches Training angeboten wird und für Kinder einfache Dinge wie Purzelbaum oder auf einem Bein stehen große Herausforderungen sind. <strong>CHI</strong>: Als ehemalige Leistungssportlerin war Bewegung Teil deines Berufs. Hast du dich nach deinem Karriereende weiter so viel bewegt oder hat dich der berufliche Alltag als Mentaltrainerin, Coach und Autorin mehr ins Sitzen und hinter den Schreibtisch gebracht? Simone: Bewegung war in meiner 20-jährigen Karriere als Leistungssportlerin mein täglich Brot, das stimmt. Nach meinem Karriereende habe ich natürlich nicht mehr zweimal am Tag trainiert. Sonst hätte ich ja auch weitermachen können. Nichtsdestotrotz habe ich ein Jahr lang so ziemlich jeden Tag eine Trainingseinheit absolviert, reduziert in Umfang und Intensität. Gerade im Ausdauersport ist es mit dem vergrößerten Herzmuskel wichtig, abzutrainieren, damit das Herz- Kreislaufsystem, der Stoffwechsel und alle anderen Körperfunktionen auf das Leben danach vorbereitet und umgestellt werden, um keine gesundheitlichen Spätfolgen zu riskieren. Klar hat sich mittlerweile der Fokus in meiner Berufung als Mentaltrainerin etwas verschoben, und dennoch schaue ich, dass ich mir meine tägliche Portion Bewegung gönne, weil ich weiß, wie gut sie mir tut und wie viel Energie ich daraus schöpfe. <strong>CHI</strong>: Was waren deine größten Karriereerfolge als Biathletin? Simone: Highlights hatte ich einige. Es kommt auch immer darauf an, wo du stehst, mit welchen Voraussetzungen du in eine Saison startest und was du daraus machst. Als Profisportlerin war auf jeden Fall meine erste Medaille bei einer Weltmeisterschaft (2003) ein High. Der große Durchbruch gelang mir dann 2009 bei der WM in Südkorea mit dem Gewinn der Silbermedaille. Das war meine Halb-Heim-WM, da meine Mutter ja aus Südkorea stammt. <strong>CHI</strong> 30
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