2014-04
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WanderWege der region<br />
Der Wittgensteiner Schieferpfad<br />
Autorenfoto<br />
Bei uns in Südwestfalen kommt vielen beim Thema<br />
„Wandern“ zuallererst der Sauerländische Gebirgsverein<br />
in den Sinn. Das ist keine Überraschung, na<br />
klar – schließlich ist der SGV der größte Wanderverein in<br />
ganz Nordrhein-Westfalen. In vielen Ortschaften im Kreisgebiet<br />
sind seine Abteilungen aktiv. Und daher scheint es<br />
ganz selbstverständlich, dass beim Anlegen von Wanderwegen<br />
der schon seit dem 19. Jahrhundert bestehende Verein<br />
das „Hoheitsrecht“ besitzt und wahrnimmt.<br />
Dass dieseAnnahme nicht immer zutrifft, dafür liefert der<br />
Wittgensteiner Schieferpfad ein gutes Beispiel. Dieser geht<br />
nämlich auf eine Maßnahme der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein-Schule<br />
in Bad Berleburg zurück. Hallo? Eine Schule<br />
legt einen Wanderweg an? Ja, doch! Und in der Tat ist dieses<br />
Projekt wohl weit und breit als einzigartig zu bezeichnen.<br />
Und natürlich stellt sich die Frage: Wie kam es dazu?<br />
Spätestens an dieser Stelle kommt ein Wanderexperte<br />
namens Dr. Rainer Brämer ins Spiel. Ich gehe davon<br />
aus, dass vielen der Name nichts sagt, daher nachfolgend<br />
ein paar Sätze zu seinem Wirken. Der Natursoziologe aus<br />
Lohra bei Marburg, seit jeher leidenschaftlicher Wanderer,<br />
betätigte sich vor dem Millenniumwechsel anderthalb Jahrzehnte<br />
lang als Wanderführer bei der Volkshochschule. Dabei<br />
wunderte er sich, dass zu seinen bis zu 30 oder 40 Kilometer<br />
langen Wanderungen immer weniger Teilnehmermeldungen<br />
kamen. Als Wissenschaftler beschloss er dieser<br />
Sache auf den Grund zu gehen. Im Jahr 1998 entstand eine<br />
„Profilstudie Wandern“, deren Ergebnisse nicht ohne Auswirkungen<br />
bleiben sollten. Es stellte sich nämlich heraus,<br />
dass kaum jemand weiter als 20 Kilometer und länger als<br />
sechs Stunden gehen wollte, dass die meisten Entspannung,<br />
Erholung und nicht zuletzt das Naturerlebnis suchten und<br />
keineswegs auf sportliche Höchstleistungen versessen waren.<br />
Drei von vier Wanderern gingen am liebsten auf Waldund<br />
Wiesenpfaden, nur jeder achte marschierte gerne auf<br />
Wirtschaftswegen oder asphaltierten Straßen.<br />
Zuvor schon hatte der Hesse in dem Schmallenberger<br />
Thomas Weber einen Gleichgesinnten kennen gelernt. Der<br />
Touristik-Chef im dortigen Rathaus wollte seine Region, in<br />
der sich Gäste beinahe ausschließlich im Winter tummelten,<br />
auch für die warme Jahreszeit attraktiv machen. Und<br />
so wurden sich beide rasch einig als Brämer ihm die Idee<br />
unterbreitete, auf der Basis seiner Untersuchungen einen<br />
Weitwanderweg – ähnlich dem thüringischen Rennsteig –<br />
im Rothaargebirge anzulegen. Natürlich gab es Widerstände.<br />
Und natürlich kamen diese nicht zuletzt aus Arnsberg,<br />
wo die Vereinsspitze des SGV ihren Sitz hat. Die Einwände<br />
gegen den geplanten Weg waren aber auch wirklich bombig.<br />
Profi-Wanderer ManuelAndrack zitiert sie so: „Einen Steig<br />
hat es hier noch nie gegeben, brauchen wir nicht, haben wir<br />
noch nie gehabt!“ Die geistigen Väter des Rothaarsteigs,<br />
zu denen sich zwischenzeitlich auch noch Horst Schneider<br />
vomAmt für Wirtschaftsförderung des hiesigen Kreises gesellt<br />
hatte, ließen sich freilich nicht beirren. Nach und nach<br />
entstand ein „Neuer Wanderweg“ mit einem hohen Pfadanteil,<br />
vielen Aussichten und einer optimalen Beschilderung.<br />
20 durchblick 4/<strong>2014</strong>