2014-04
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alles leiWand *<br />
in Wien <strong>2014</strong>?<br />
Von Künstlern,<br />
Literaten und<br />
Querulanten<br />
Foto:Hartmut Reeh<br />
Was darf´s sein, gnä´Frau? Ein großer Brauner,<br />
ein Einspänner oder eine Melange?“ fragt der<br />
Herr Ober im schwarzen Anzug mit Weste und<br />
Mascherl auf dem weißen Oberhemd beflissen. Schon fühlt<br />
man sich im Wiener Kaffeehaus zu Hause und gut aufgehoben.<br />
Kann sich seine Zeitungen suchen und beim Kaffee,<br />
serviert auf einem silbernen Tablett mit dem obligatorischen<br />
Glas Wasser, ungestört Stunden verbringen. Als Tourist<br />
schaut man natürlich neugierig um sich und beobachtet mit<br />
Vergnügen den kauzigen alten Professor oder Hofrat, der<br />
mit seinen Kollegen laut diskutiert und politisiert.<br />
In einer Loge, also etwas abgeschirmt von den Blicken des<br />
Publikums, scheint ein Künstler mit längerem Haar, Hut und<br />
einem Samtsakko und mit einer Graphikmappe im Gepäck zu<br />
sitzen. Ein Charakterkopf. Beim Betrachten der Bilder an den<br />
Wänden kommen wir mit ihm ins Gespräch. Und richtig, es<br />
ist ein Wiener Künstler, der viele Geschichten über das Café<br />
Hawelka zu erzählen hat. Der Maler, Graphiker und Bildhauer<br />
Christoph E. Exler ist hier seit Jahrzehnten Stammgast<br />
und hat erst vor wenigen Jahren den legendären Gründer des<br />
*„leiwand“ im Wiener Dialekt für: cool super, toll<br />
Künstler-Kaffeehauses kurz nach seinem 100. Geburtstag mit<br />
beerdigt. Eine Totenmesse habe es vorher im Stephansdom<br />
für den berühmten Künstlerfreund gegeben mit einem Heurigenmusik-Duo.<br />
Herr Leopold und Frau Josefine Hawelka<br />
haben auch in schlechten Zeiten immer wieder Werke von<br />
Wiener Malern, auch den unbekannten, angekauft und eine<br />
stattliche Sammlung über die Jahrzehnte zusammengetragen.<br />
Ein Teil der Bilder ist hier ständig ausgestellt. Heute wird das<br />
Café vom Sohn und den Enkeln weitergeführt, traditionell mit<br />
Thonet-Möbeln – also aus Bugholz –, rotem Plüsch, so wie<br />
es immer war. Die Zeit scheint hier stehengeblieben zu sein.<br />
Am Nebentisch sitzen inzwischen fesche junge Männer<br />
und scheinen sich von ihren Vorlesungen an der Uni zu<br />
entspannen und per Handy ihren weiteren Tagesablauf zu<br />
planen. Früher war es ja beliebt, sich im Kaffeehaus anrufen<br />
zu lassen. Der Herr Ober rief dann lautstark durch den<br />
Raum: „Herr Hofrat Mayrhofer bitte ans Telefon!“ und alle<br />
blickten gespannt auf den, der dann aufstand.<br />
Aber Wien ist nicht nur gemütlich, wie wir vom Querulanten<br />
Helmut Qualtinger oder dem Chansonnier Georg Kreisler<br />
wissen, ja der mit dem „Geh´n wir Tauben vergiften im