2014-04
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empfohlen werden, entgegenzukommen. Meine Schwester<br />
reiste Jahrzehnte lang mit ihrer eigenen Matratze durch die<br />
Lande, keine andere genügte ihr. Die Prinzessin auf der<br />
Erbse. Wie viele Modelle sind entworfen worden, um Rückenbeschwerden<br />
gerechtzuwerden, trotzdem stehen diese<br />
Beschwerden heute mit an erster Stelle.<br />
Mein Vater verbrachte einige Nächte in Paris in einem<br />
Doppelbett. Kein anderes mehr war zu bekommen. Sein Bettnachbar<br />
und er rollten im Verlaufe der Nacht immer wieder<br />
aufeinander zu, da die Matratze komplett durchgelegen war.<br />
Der wahre Luxus besteht zuletzt darin, ein Bett ganz<br />
für sich alleine zu haben. In vielen ländlichen Gegenden der<br />
Welt müssen sich Menschen ein Bett teilen, in ganz frühen<br />
Zeiten nahmen sie sogar das Vieh mit in ihren Verschlag. Sogar<br />
in Krankenhäusern lagen, ehemals, mehrere Menschen<br />
in einem Bett. Man stelle sich die Hygienezustände und Infektionsmöglichkeiten<br />
unter diesen Kranken vor. Wichtig ist<br />
es auch, selbst entscheiden zu können, wann man zu Bett<br />
gehen möchte. Meine Mutter wagte es imAlter kaum, sich zu<br />
früh zur Ruhe zu begeben, da mein Vater, als echter Preuße,<br />
kein Verständnis für ein solches Sich-Gehen-Lassen besaß.<br />
Das Bett ist ein feiner Rückzugsort, wenn es sonst keine<br />
Möglichkeit des Alleinseins gibt. „Das Bett hüten“, ist eine<br />
Redewendung, wenn jemand erkrankt ist. Ausgesprochen<br />
bettlägerig zu sein, ist, natürlich, ein elender Zustand. Böse<br />
Zungen behaupten, es gäbe Menschen, die Jahre lang das<br />
Bett hüten würden, nur um sich an einer Person zu rächen.<br />
Nach derenAbleben feiern die „Todkranken“ dann ein fröhliches<br />
Wiederauferstehen.<br />
Wenn es mir nicht gut geht, gehe ich ängstlich zu Bett,<br />
mit der Befürchtung, es würde den nächsten Tag für mich<br />
nicht geben. Ansonsten ruft mich mein Bett zu später Stunde<br />
und wohlig strecke ich mich auf und unter dem feinen<br />
Linnen aus, im Winter sogar unter einem dicken Plumeau<br />
(Oberbett), wie man es früher kannte. Ein Paradekissen<br />
besitze ich nicht mehr, aber Bezüge, in die Initialen eingestickt<br />
sind. Ein Körnchen Lebensweisheit steckt auch in<br />
dem Begriff Bett, denn wie man sich bettet, so liegt man.<br />
Welche Geheimnisse wird es wohl hüten, sicher mehr noch<br />
als ein Beichtstuhl.<br />
Erika Krumm<br />
handgestrickt<br />
Damals, in der Kriegs- und auch noch in der Nachkriegszeit<br />
1945, wurde alles, was an Garnen zu<br />
finden war, verhäkelt und verstrickt, Altes aufgezogen,<br />
Neues entstand, und hatte sich die Figur verändert,<br />
wurde wieder aufgezogen u.s.w. Strickjacken, Westen und<br />
Pullover aus Wollresten waren „in“. Kurz vor der Währungsreform<br />
hatte ich noch in einer Gummersbacher Strickwarenfabrik<br />
Tabak gegen Wolle eingetauscht, und dann aus<br />
einem dicken, bräunlichen Wollknäuel mit einer Rundnadel<br />
einen super tollen Faltenrock gestrickt.<br />
Aus dem Garn eines auf der Wiese bei Sonnenschein<br />
und unendlich vielen Wassergüssen gebleichten alten, braunen<br />
Zuckersackes entstand ebenfalls mit einer Rundnadel<br />
gestrickt, ein weich fließender Pullover mit langen, weiten<br />
Ärmeln in dem heute noch obligatorischen, immer wiederkehrenden<br />
Zopfmuster. Es war eine „Strafarbeit“, den<br />
schlohweiß gewordenen Zuckersack aufzuziehen und aus<br />
dem dünnen Garn möglichst lange brauchbare Fäden zum<br />
Verarbeiten zu bekommen. Viele Jahre hat dieser wirklich<br />
elegante, unverwüstlich schöne Pullover überdauert. Oh,<br />
soo schick war der, heute würde man sagen – geil.<br />
Zweifach wurden Zuckersackfäden verarbeitet bei Söckchen,<br />
und besonders habe ich darauf geachtet bei Kniestrümpfen<br />
mit Zopfmuster, dass der Zopf im Wadenbereich<br />
eine gute Rundung hervorbrachte um meine schwach ausgeprägte<br />
Wadenmuskulatur besonders zu betonen. – „Wä niks<br />
hät, macht sich wat!“ – „Wer nichts hat, macht sich was!“<br />
Und mein erster „Bikini“, mühe- und liebevoll rundgestrickt,<br />
ließ leider in Farbe und Qualität der Wolle alle Wünsche<br />
offen. Das Fiasko allerdings war nicht vorhersehbar,<br />
denn der erste Gang mit meinem dunkel erdbeerfarbenen<br />
Zweiteiler ins kühle Nass im Seelbacher Weier nur von sehr<br />
kurzer Dauer. Das Bikinihöschen rutschte erst nach unten<br />
und ließ sich dann in nasser Form bis fast unter die Achsel<br />
ziehen, das Oberteil dehnte sich auf entsetzliche Übergröße,<br />
und die Flucht aus dem Wasser gelang nur mit Trippelschritten,<br />
um in die Umkleidekabine zu kommen. Hätte ich<br />
zehn Kilo mehr auf die Waage gebracht, ja dann – jedoch<br />
bei Sonnenschein, oh Wunder, schrumpfte alles wieder in<br />
die Ausgangsform zurück. Ideal nur zum Flanieren!<br />
Die Ära „Selbstgestricktes“ ist nicht vorbei. Heute noch<br />
stricken Omas und Uromas fleißig wärmende Ringelsöckchen<br />
für ihre Enkel und Urenkel aus wunderbar weichen,<br />
bunten Garnen und werden dafür dankbar geküsst.<br />
Gerda Greis<br />
Handarbeiten<br />
Inh. Karin Tillner<br />
57072 Siegen<br />
Löhrstraße 20<br />
% 0271 - 5 25 39<br />
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4/<strong>2014</strong> durchblick 27