2014-04
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Die Schattenseiten des Lebens wirken oft größer als sie sind!<br />
es vorwiegend drei „moralisch-ethische Prüfsteine“ gibt,<br />
die für die Beurteilung und Bewertung einer Selbsttötung<br />
herangezogen werden. Diese drei Prüfsteine sind: Gott (als<br />
Schöpfer), die Gesellschaft (in der wir leben) und die Natur<br />
(aus der wir hervorgegangen sind). Mit der Festlegung<br />
welche Instanz gewählt wird, wird auch das Fundament bestimmt,<br />
auf dem das Für und Wider des Suizids aufgebaut<br />
und begründet ist: religiös, sozial oder biologisch. Betrachten<br />
wir als erstes die wohl noch immer am häufigsten anzutreffende<br />
Sichtweise: die religiöse. Warum? Weil die meisten<br />
Menschen, trotz weiter wachsender Säkularisierung,<br />
wenn es um Sterben und Tod<br />
geht, sich im weitesten Sinne<br />
für religiös halten.<br />
Letzte Instanz: Gott<br />
Durchgehend durch die<br />
über 2000-jährige Geschichte<br />
der christlichen Theologie<br />
finden wir in ihr eine grundsätzlich<br />
ablehnende Haltung<br />
gegenüber dem Suizid, obwohl<br />
in der Bibel, als Fundament<br />
des christlichen Glaubens, sowohl<br />
im Alten wie auch im<br />
Neuen Testament, kein ausdrückliches<br />
Suizidverbot zu<br />
finden ist. Es wird lediglich,<br />
völlig verurteilungsfrei, über<br />
Suizidfälle berichtet wie der<br />
Suizid von Judas (Mt 27,5).<br />
Der Suizid erfährt in der Bibel<br />
keine eigene Bewertung, sondern<br />
wird am fünften Gebot:<br />
„Du sollst nicht töten“ gemessen.<br />
Die Grundeinstellung der<br />
christlichen Theologie, damals<br />
wie heute, ist unverändert: Gott<br />
ist der Schöpfer allen Lebens<br />
und wir Menschen sind seine<br />
Geschöpfe. Gott bestimmt den<br />
Anfang und das Ende unseres<br />
Lebens. Wir Menschen haben<br />
kein Recht, über unser Lebensende<br />
selbst zu bestimmen, so<br />
wie wir über den Anfang ja<br />
auch nicht selbst bestimmen<br />
konnten. Der Mensch hat zwar<br />
einen von Gott geschenkten<br />
freien Willen, hat aber keine<br />
letzte Verfügungsgewalt über<br />
sein Leben. Die hat nur Gott<br />
allein. Gott ist der alleinige<br />
Herr über Leben und Tod. Nach<br />
christlichem Verständnis ist unser<br />
Leben aus der Hand Gottes<br />
ein Geschenk, das wir dankbar<br />
annehmen und nach christlichen Grundsätzen und unter Einhaltung<br />
der Zehn Gebote, verantwortungsbewusst gegenüber<br />
unseren Mitmenschen gestalten sollen. Wer sich selbst vernichtet,<br />
aus welch verzweifelten Gründen auch immer, spielt<br />
Gott und begeht durch seinen Selbstmord eine schwere Sünde.<br />
Zwei der bekanntesten Kirchenlehrer, die zu unterschiedlichen<br />
Zeiten gelebt haben, sollen dies verdeutlichen:<br />
Einer der einflussreichsten Sittlichkeitsfanatiker und<br />
Selbsttötungsgegner im Christentum war der Kirchenlehrer<br />
Augustinus (354–450). Für ihn steht in seinem Hauptwerk<br />
„Der Gottesstaat“ unumstößlich fest: Jeder, der sich selbst<br />
66 durchblick 4/<strong>2014</strong><br />
Foto: Hubertus Freundt