2014-04
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Reisen<br />
mein katalanisches aBenteuer<br />
Teil 2 Heimweh nach dem Siegerland<br />
Steilküste in Lloret de Mar<br />
Wegen meiner unzumutbaren Unterkunft wollte<br />
ich Spanien nach sechs Wochen endgültig wieder<br />
verlassen. Das brachte dann endlich Bewegung<br />
in die Agentur. Noch am selben Tag zeigte mir das<br />
aufgescheuchte Duo, mein Cousin Gerd, Reiseleiter und<br />
Kollege, sowie Henri unser aller Chef, ein Zimmer bei einer<br />
spanischen Familie, mitten in der Altstadt von Lloret.<br />
Das Zimmer lag im ersten Stock mit Fenster zum Flur, war<br />
jedoch recht gemütlich und das kleine Badezimmer befand<br />
sich gleich gegenüber. Señora Antonia und ihr Mann<br />
Ramón waren sehr freundlich und so zog ich dort ein.<br />
Ich hatte Señora Antonia gebeten, mich morgens gegen<br />
acht Uhr zu wecken. Jeden Morgen teilte sie mir singend die<br />
Uhrzeit mit: „Señoriiitaa, son los ooochooo!“ Dann öffnete<br />
sich die Tür und die Familienhunde kamen an mein Bett.<br />
Einer hieß Titan und der andere Bambi. Ich begrüßte und<br />
streichelte sie. Die Hunde waren dann zufrieden und gingen<br />
wieder. So liebevoll geweckt machte ich mich gut gelaunt<br />
auf den Weg zur Arbeit. Ich überquerte zwei Straßen,<br />
die Promenade in der Nähe des Rathauses und schlenderte<br />
dann gemütlich am Meer entlang, vorbei am Hotel Rosamar<br />
und dann den schmalen Weg bis zum Reisebüro und dem<br />
Hotel Sanco. Hier nahm ich zuerst mein karges Frühstück<br />
Foto: Archiv Lanko<br />
ein, das immer aus Stangenweißbrot, wie nach Margarine<br />
schmeckender Butter, Pfirsichmarmelade und Milchkaffee<br />
bestand. Anschließend schloss ich das Büro auf und fegte<br />
erst einmal aus jeder Ecke die Spinnen weg. Dann sah ich<br />
nach, was es für mich zu schreiben gab, denn manchmal<br />
hatte mir mein Chef des Nachts schriftliche Anweisungen<br />
hinterlegt, so wie er eben Zeit hatte.<br />
Wenn ich am Fenster an der Schreibmaschine saß, gingen<br />
die Hotelgäste vorbei auf dem Weg zum Strand und<br />
grüßten: „Guten Morgen, arbeiten Sie nicht so viel!“ Und<br />
es folgten noch andere, teils liebevolle und teils dumme<br />
Sprüche. Auch der Haushund Chicki nervte. Er ließ es sich<br />
nicht nehmen, beinahe jeden Tag vor meinem Fenster mit<br />
den Hunden des Hotels Rosamar Kläff-Duelle auszufechten.<br />
Unter großem Geschimpfe wurde der gemischte Köterchor<br />
letztendlich weggezerrt.<br />
Nach kurzer Zeit wurde ich krank; ich war erkältet und<br />
hatte Fieber. Señora Antonia sagte mir, dass ich im Bett<br />
bleiben solle. Sie rannte ins Hotel Sanco, um Bescheid zu<br />
sagen und kam mit vier jungen Leuten zurück, die dachten,<br />
dass ich im Sterben liegen würde. Sie kümmerte sich um<br />
mich, brachte mir das Essen ans Bett und besorgte „Pastillas“<br />
in der Apotheke. Schnell war ich wieder gesund.<br />
Das Hotel Sanco war wieder einmal ausgebucht und so<br />
kam es, dass auch die Kemenate von Cousin Gerd vermietet<br />
wurde. Hier zog ein junger Schauspieler aus Bochum<br />
ein und reagierte stinksauer, denn in das Zimmer passte<br />
nur ein schmales Bett und ein Stuhl. In die Tür hatte man<br />
einen Nagel für die Garderobe eingeschlagen und als Gipfel<br />
des „Luxus“ befand sich vor dem kleinen Fenster ein<br />
Fliegengitter. Im Speisesaal hatte man ihn an meinen Tisch<br />
gesetzt – wohl aus gutem Grund. Wenn er morgens in La<br />
Casita die Treppe herunter kam, grüßte ich: „Guten Morgen,<br />
teurer Freund, wohin des Weges?“ Kam er mit böser<br />
Miene, fragte ich: „Was ficht Euch an?“ Wenn ich abends<br />
mit anderen jungen Leuten aus dem Sanco ausging nahm<br />
ich ihn mit. Es gab damals noch keine Diskotheken, aber<br />
einige gemütliche Tanzlokale.Am Ende seines Urlaubs war<br />
er so zufrieden, dass er sich nicht mehr beschwert hat.<br />
In meiner Freizeit, meistens am Sonntag, erkundete ich<br />
Lloret und seine Umgebung. Die Landschaft war wunderschön.<br />
Auch Weinberge gab es damals noch. Mohn- und<br />
Kornblumen blühten und der Ginster hatte sich überall ausgebreitet.<br />
Zahlreich wuchs auch der Lorbeer in Form von<br />
Bäumen, Büschen und Hecken. Der Name Lloret stammt von<br />
Lorbeer – das heißt in spanischer Sprache Laurel und auf katalanisch<br />
Llorer. Der Lorbeer ziert auch das Wappen der Stadt.<br />
Manchmal ging ich auf einem Pfad an der Steilküste<br />
hinter der Burg entlang zu einer kleinen Bucht, in der sich<br />
ein etwa 30 m breiter, flacher Sandstrand gebildet hatte.<br />
40 durchblick 4/<strong>2014</strong>