Bericht zur sozialen Lage 2011 - bei der Arbeitnehmerkammer ...
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Armut von Frauen<br />
Denn auch die vielen teilzeitbeschäftigten<br />
Frauen erhalten in Deutschland durchschnittlich<br />
vier Euro weniger Stundenlohn als Vollzeitbeschäftigte,<br />
quasi eine ›Lohnstrafe‹ für<br />
(weibliche) Teilzeitar<strong>bei</strong>t.<br />
Aber nicht allein im Niedriglohnbereich ist<br />
<strong>der</strong> Verdienstabstand zwischen Frauen und<br />
Männern ein Ausdruck mangeln<strong>der</strong> Gleichbehandlung.<br />
Insgesamt ist <strong>der</strong> (Brutto-) Verdienst<br />
pro Stunde von Frauen in Deutschland um 23<br />
Prozent niedriger als <strong>der</strong> von Männern. Konkret<br />
verdienten im Jahr 2009 Frauen im Durchschnitt<br />
14,90 Euro und damit 4,50 Euro weniger<br />
als Männer (19,40 Euro). In Westdeutschland<br />
ist dieser Lohnabstand mit 25 Prozent<br />
sogar noch höher, in Ostdeutschland ist er mit<br />
sechs Prozent erheblich niedriger. Innerhalb<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union gehört Deutschland<br />
bezogen auf den Lohnabstand zu den Schlusslichtern.<br />
Denn auf dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt halten<br />
sich in Deutschland beson<strong>der</strong>s hartnäckige<br />
Ungleichheiten zum Nachteil von Frauen.<br />
Obwohl mehrere Bundesregierungen den<br />
Verdienstabstand zwischen Frauen und<br />
Männern bis zum Jahr 2010 auf 15 Prozent<br />
senken wollten, ist er über die Jahre nahezu<br />
gleich geblieben.<br />
In den <strong>bei</strong>den Großstädten Bremen und<br />
Bremerhaven ist <strong>der</strong> Lohnabstand zwischen<br />
Frauen und Männern mit 26 Prozent noch<br />
größer als im Durchschnitt in Deutschland insgesamt.<br />
Dafür gibt es einerseits eine einleuchtende<br />
Erklärung. Sind Frauen vor allem in<br />
schlechter bezahlten Frauenberufen tätig und<br />
Männer in besser bezahlten Männerberufen,<br />
und ist auch noch die regionale Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />
hoch, dann drückt diese schwierige<br />
Verhandlungsposition <strong>der</strong> Frauen ihre Löhne<br />
noch stärker. Zum an<strong>der</strong>en ist <strong>der</strong> Lohnabstand<br />
in den deutschen Großstädten mit<br />
durchschnittlich zwölf Prozent deutlich geringer<br />
als in den <strong>bei</strong>den Großstädten Bremen<br />
und Bremerhaven. Dieser geringere Wert für<br />
die Großstädte entsteht durch den erheblich<br />
höheren Anteil von erwerbstätigen Frauen<br />
mit hohen Qualifikationen. Dass in Bremen<br />
und Bremerhaven <strong>der</strong> Lohnabstand trotz <strong>der</strong><br />
hoch qualifizierten erwerbstätigen Frauen 26<br />
Prozent beträgt, legt folgende Erklärung nahe:<br />
Sowohl die hoch qualifizierten Frauen wie<br />
auch die prekär beschäftigten Frauen, bezie-<br />
hen vergleichsweise noch geringere Löhne<br />
als Frauen in an<strong>der</strong>en deutschen Großstädten<br />
– im Vergleich zu den in Bremen vergleichsweise<br />
höher bezahlten Männern.<br />
Bestätigt wird diese Erklärung auch durch<br />
den oben bereits ausgeführten, vergleichsweise<br />
hohen Anteil von erwerbstätigen Frauen in<br />
Teilzeit- und in geringfügig entlohnter Beschäftigung.<br />
Bei den geringfügig Beschäftigten,<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>bei</strong> den Minijobs, hat Bremen<br />
im Vergleich aller Bundeslän<strong>der</strong> sogar die<br />
höchsten Anteile insgesamt.<br />
Die prekäre <strong>Lage</strong> gerade <strong>der</strong> überdurchschnittlich<br />
vielen Frauen in Teilzeit- und in<br />
geringfügig entlohnter Beschäftigung in Bremen<br />
wird noch deutlicher, wenn auch die<br />
Lohnregelungen für jene Branchen betrachtet<br />
werden, die über einen Tarifvertrag verfügen.<br />
Denn selbst gültige Tarifverträge schützen<br />
we<strong>der</strong> im Bundesland Bremen noch in an<strong>der</strong>en<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n vor Niedriglöhnen. Im Land<br />
Bremen werden mindestens 26 Tarifverträge<br />
(vgl. Abbildung 6, S. 23) angewendet, die für<br />
untere Lohngruppen Lohnsätze von weniger<br />
als dem gefor<strong>der</strong>ten Mindestlohn von 8,50<br />
Euro pro Stunde zugrunde legen:<br />
6,00 bis 7,50 Euro je Stunde = 1.009 bis<br />
1.251 Euro je Monat in 14 Branchen;<br />
7,51 bis 8,48 Euro je Stunde = 1.242 bis<br />
1.433 Euro je Monat in 12 Branchen).<br />
Und selbst in Branchen, in denen es einen allgemein<br />
verbindlichen Mindestlohn gibt, liegen<br />
die Löhne teilweise unter dem existenzsichernden<br />
Stundensatz von 8,50 Euro. Zum Beispiel<br />
<strong>bei</strong> den Wäschereidienstleistungen (7,65<br />
Euro), in <strong>der</strong> Abfallwirtschaft (8,24 Euro) und<br />
in <strong>der</strong> Pflege (8,50 Euro). Selbst <strong>der</strong> Pflegemindestlohn<br />
liegt noch in <strong>der</strong> Armutsrisikozone.<br />
Es ist außerdem gleichstellungspolitisch<br />
bedenklich, wenn etwa Fachkräfte in <strong>der</strong><br />
ambulanten und stationären Altenpflege 8,50<br />
Euro verdienen, im Baugewerbe aber selbst<br />
Ungelernte mindestens 9,25 Euro erhalten.