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Bericht zur sozialen Lage 2011 - bei der Arbeitnehmerkammer ...

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48<br />

Armut und Alleinerziehen<br />

Resümee<br />

Neben finanziellen und strukturellen Problemen<br />

tragen auch Aspekte wie mangelnde Wertschätzung<br />

und Diskriminierungen zu Armut<br />

und damit einhergehenden Einschränkungen<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>sozialen</strong> und kulturellen Teilhabe <strong>bei</strong>.<br />

Ein höherer beruflicher Status ermöglicht<br />

dagegen scheinbar einen besseren Schutz vor<br />

offen geäußerten Abwertungen.<br />

Wer aufgrund einer von <strong>der</strong> Norm abweichenden<br />

Familienform finanziell in Not ist und<br />

durch Erwerbslosigkeit o<strong>der</strong> prekäre Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse<br />

unter existenziellen Ängsten leidet,<br />

hat es schwer, eine positive Einstellung<br />

zu eben dieser Familienform zu entwickeln.<br />

Die gesellschaftliche Anerkennung <strong>der</strong> Lebensleistungen<br />

Alleinerziehen<strong>der</strong> ist ein wesentlicher<br />

Baustein für <strong>der</strong>en Wohlbefinden. Diese<br />

Anerkennung muss sich neben Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> öffentlichen Debatte in Verbesserungen<br />

<strong>der</strong> materiellen Bedingungen und <strong>der</strong> Zugangsmöglichkeiten<br />

zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt nie<strong>der</strong>schlagen.<br />

Konkrete Möglichkeiten für die Verbesserung<br />

<strong>der</strong> sozialstrukturellen Situation bieten<br />

sich mannigfaltig, hier seien lediglich einige<br />

mögliche Beispiele genannt:<br />

eine Kin<strong>der</strong>grundsicherung in <strong>der</strong> Höhe<br />

von 500 Euro, wie sie zum Beispiel vom<br />

Verband alleinerziehen<strong>der</strong> Mütter und<br />

Väter e.V. (VAMV) gefor<strong>der</strong>t wird;<br />

eine deutliche Anhebung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosengeld-II-Regel-<br />

und Mietsätze;<br />

gerechtere Rentenregelungen mit stärkerer<br />

Berücksichtigung von Phasen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>erziehung;<br />

Steuerregelungen, die nicht die Ehe subventionieren,<br />

wie es in Deutschland <strong>der</strong><br />

Fall ist, son<strong>der</strong>n in denen Kin<strong>der</strong> stärker im<br />

Steuerrecht berücksichtigt werden, wie<br />

zum Beispiel in Frankreich; 21<br />

<strong>der</strong> weitere Ausbau eines qualitativ hochwertigenGanztagskin<strong>der</strong>betreuungsangebots.<br />

Armut von Alleinerziehenden ist eine Frage<br />

des elterlichen Wohlbefindens wie des Kindeswohls.<br />

Eltern wie Kin<strong>der</strong> haben ein Recht auf<br />

ein menschenwürdiges Leben. Die Verantwortung<br />

des Staates liegt darin, die Bedingungen<br />

für dessen Verwirklichung bereitzustellen. Das<br />

hat nichts mit Almosen zu tun. Vielmehr ist es<br />

eine zentrale politische Aufgabe, den Boden<br />

für eine Gesellschaft zu bereiten, die allen<br />

Familienformen ein gutes Leben ermöglicht.<br />

Dies ist auch eine Frage <strong>der</strong> Geschlechtergerechtigkeit.<br />

In den letzten Jahren wurde von den Bundesministerien<br />

für Familie sowie für Ar<strong>bei</strong>t<br />

und Soziales die Gruppe <strong>der</strong> Alleinerziehenden<br />

zunehmend in den Fokus des Interesses<br />

gerückt. Das ESF-Bundesprogramm ›Gute<br />

Ar<strong>bei</strong>t für Alleinerziehende‹ wird <strong>zur</strong>zeit auch<br />

in Bremen umgesetzt. Hier werden unter an<strong>der</strong>em<br />

ganzheitliche Beratung, Unterstützung<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Suche nach passen<strong>der</strong> Qualifizierung<br />

beziehungsweise Erwerbsar<strong>bei</strong>t und Hilfe <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> Beschaffung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

bereitgestellt. Es wird darauf zu achten<br />

sein, diese für Alleinerziehende existenziellen<br />

Angebote flächendeckend und nachhaltig<br />

zu sichern. Auch das Angebot von Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

für unter Dreijährige ist in Bremen<br />

momentan im Aufbau. Hier greifen mehrere<br />

Bausteine zusammen, die die Situation Alleinerziehen<strong>der</strong><br />

verbessern und Wege für den<br />

Ausstieg aus Armut unterstützen können.<br />

Allerdings sollten auch die Unternehmen in die<br />

Verantwortung genommen werden. Wo<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätze fehlen, können Unterstützungsprogramme<br />

nur sehr begrenzt wirksam werden.<br />

Die Familienfreundlichkeit des Ar<strong>bei</strong>tsmarktes<br />

bedarf <strong>der</strong> Verbesserung. Hier sind<br />

die zentralen Stichworte flexible Ar<strong>bei</strong>tszeiten,<br />

Reduktion von Präsenzzeiten und betriebliche<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung mit flexiblen Öffnungszeiten.<br />

Die oben ansatzweise dargestellten unterschiedlichen<br />

Lebensgefühle Alleinerziehen<strong>der</strong><br />

zeigen, je nach strukturellen Bedingungen,<br />

persönlicher Geschichte und <strong>sozialen</strong> Netzwerken,<br />

dass das breite Spektrum von Resignation<br />

über Hoffnung bis hin <strong>zur</strong> Zufriedenheit<br />

reicht. Erstaunlich ist, wie viele Alleinerziehende<br />

ihren Kin<strong>der</strong>n trotz problematischer Rahmenbedingungen<br />

unter großem Energieeinsatz<br />

ein Aufwachsen in einer Atmosphäre <strong>der</strong> Wertschätzung<br />

ermöglichen. Respekt und gesellschaftliche<br />

Anerkennung wären die angemessenen<br />

Reaktionen.<br />

21 Vgl. Beckmann 2008: 125.

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