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Bericht zur sozialen Lage 2011 - bei der Arbeitnehmerkammer ...

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24<br />

Armut von Frauen<br />

2.6 Beziehen Frauen Sozialleistungen<br />

– im Sinne staatlicher ›Armutsbekämpfung‹<br />

–, verbleiben viele in<br />

Einkommensarmut<br />

Seit den Ar<strong>bei</strong>tsmarktreformen (Hartz-Gesetze)<br />

ist vielfach dargestellt worden, dass sie eher<br />

<strong>zur</strong> Stärkung <strong>der</strong> traditionellen Rollen von<br />

Frauen und Männern <strong>bei</strong>getragen haben. 18<br />

Zwar wurde das Ziel <strong>der</strong> Gleichstellung <strong>der</strong><br />

Geschlechter in <strong>der</strong> aktivierenden Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

festgeschrieben. Und auch im<br />

Bereich des SGB II (Hartz IV) wird <strong>der</strong><br />

Anspruch erhoben, nicht mehr die männliche<br />

Ernährerfamilie als Leitbild zu betrachten.<br />

Dennoch werden Frauen in <strong>der</strong> Praxis, durch<br />

die Zubilligung ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit<br />

aufgrund <strong>der</strong> Betreuung kleiner Kin<strong>der</strong><br />

(§ 10 SGB II) beziehungsweise fehlen<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuungsangebote,<br />

weiterhin auf ihre<br />

traditionelle Rolle verwiesen. Den Fachkräften<br />

in den ›Jobcentern‹ fehlen außerdem entsprechende<br />

Instrumente, mit denen sie die Aufgabenteilung<br />

zwischen Mann und Frau in einer<br />

Bedarfsgemeinschaft beeinflussen könnten.<br />

Faktisch kam es deshalb eher zu einer<br />

Stärkung <strong>der</strong> traditionellen Rollenverteilung.<br />

Frauen wurden und werden verstärkt in den<br />

Bereich prekärer Beschäftigung verwiesen und<br />

verbleiben angesichts <strong>der</strong> dort verbreiteten<br />

Niedrig- und Armutslöhne in Abhängigkeit von<br />

Partnern und/o<strong>der</strong> staatlichen Sozialleistungen.<br />

19<br />

Gleichzeitig hat sich in <strong>der</strong> letzten Finanzund<br />

Wirtschaftskrise (2008/2009) gezeigt,<br />

dass Frauen weniger stark unter Ar<strong>bei</strong>tsplatzverlusten<br />

zu leiden hatten als ein Teil <strong>der</strong> Männer.<br />

Dies hängt vor allem damit zusammen,<br />

dass die Frauenbeschäftigung wegen des<br />

hohen Dienstleistungsanteils weniger stark<br />

konjunkturell schwankt. In Bremen und Bremerhaven<br />

betraf <strong>der</strong> Beschäftigungsrückgang<br />

infolge <strong>der</strong> Wirtschafts- und Finanzkrise vor<br />

allem männerdominierte Bereiche wie die Leihar<strong>bei</strong>t,<br />

die Hafenwirtschaft und das verar<strong>bei</strong>tende<br />

Gewerbe. Ausdruck dieser Entwicklung<br />

ist auch die offizielle Ar<strong>bei</strong>tslosenquote.<br />

Sie lag im Dezember 2010 <strong>bei</strong> den Männern in<br />

<strong>der</strong> Stadt Bremen <strong>bei</strong> 11 Prozent und <strong>bei</strong> den<br />

Frauen <strong>bei</strong> 9,8 Prozent. Auch in Bremerhaven<br />

sind die Männer mit 17,1 Prozent stärker<br />

betroffen als die Frauen mit 16,2 Prozent.<br />

Aktuell ist jedoch die Zahl <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosen<br />

und die Quote <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit kein wirklich<br />

guter Maßstab mehr, um die Entwicklungen<br />

<strong>bei</strong> den prekär Beschäftigten und den<br />

Armen zu beurteilen. Obwohl dem so ist, stellen<br />

die meisten Politiker das erfreuliche aktuelle<br />

Wirtschaftswachstum und die rückläufigen<br />

Ar<strong>bei</strong>tslosenzahlen weiterhin als die wichtigsten<br />

Kennzahlen dar. Tatsächlich jedoch wurden<br />

durch die Ar<strong>bei</strong>tsmarktreformen im Zuge <strong>der</strong><br />

Agenda 2010 zwei Gruppen von ar<strong>bei</strong>tslosen<br />

Männern und Frauen geschaffen, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Präsentation <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarkzahlen nicht<br />

deutlich zu unterscheiden sind. Offiziell heißen<br />

sie auch nicht mehr Ar<strong>bei</strong>tslose, son<strong>der</strong>n<br />

Ar<strong>bei</strong>tsuchende.<br />

Eine Min<strong>der</strong>heit von 18 Prozent (6.559)<br />

gehört in <strong>der</strong> Stadt Bremen zu den Ar<strong>bei</strong>tsuchenden,<br />

die Ar<strong>bei</strong>tslosengeld I beziehen.<br />

Sie haben auch weiterhin Anspruch auf statussichernde<br />

Leistungen durch die Ar<strong>bei</strong>tslosenversicherung.<br />

Sie müssen als Ar<strong>bei</strong>tsuchende<br />

in den ersten sechs Monaten einer Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

eine ›angemessene‹ Beschäftigung<br />

akzeptieren. Selbst danach müssen sie nur<br />

solche Beschäftigungen annehmen, die mindestens<br />

ein Einkommen in Höhe des Ar<strong>bei</strong>tslosengeldes<br />

garantieren. 20 Lediglich diese<br />

Min<strong>der</strong>heit hat noch Zugang zum Sozialversicherungssystem<br />

und den dort gewährten<br />

privilegierten <strong>sozialen</strong> Rechten.<br />

Die große Mehrheit hingegen, 82 Prozent<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsuchenden (30.635) in <strong>der</strong> Stadt<br />

Bremen, muss von dem neu eingeführten<br />

Ar<strong>bei</strong>tslosengeld II (Hartz IV) leben. Ihre<br />

Leistungen sind ausschließlich steuerfinanziert<br />

und nicht existenzsichernd, um die<br />

Bezieher/innen <strong>zur</strong> Aufnahme von Erwerbsar<strong>bei</strong>t<br />

zu bewegen. Dieses Ar<strong>bei</strong>tslosengeld II<br />

beträgt seit dem 1.1.<strong>2011</strong> 364 Euro pro<br />

18 Vgl. Jaehrling/Rudolph 2010.<br />

19 Vgl. Lenhart 2009.<br />

20 Vgl. Dingeldey 2010: 21.

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