Bericht zur sozialen Lage 2011 - bei der Arbeitnehmerkammer ...
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Willkommen im normalen Leben!<br />
Einmal in Fahrt, bemängelt die engagierte<br />
Pädagogin dann noch, dass es auch <strong>bei</strong> jungen<br />
Müttern in Ausbildung nur bis zum 25.<br />
Lebensjahr Kin<strong>der</strong>geld gibt. Für Mütter müsste<br />
das verlängert werden.<br />
Eine weitere Hürde für eine alleinerziehende<br />
Mutter in Ausbildung, die das Glück hat, dass<br />
ihr Kind auch nachmittags in <strong>der</strong> Kita bleiben<br />
kann, besteht in den Urlaubszeiten. Nadia<br />
hat einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von<br />
20 Tagen. Der ist schon mit den Schließungszeiten<br />
<strong>der</strong> Kita in den Sommerferien aufgebraucht.<br />
Dann kommen aber noch die Oster-,<br />
Herbst- und Weihnachtsferien sowie außerordentliche<br />
Schließungstage dazu.<br />
Doch dadurch verliert Nadia ihre Ziele nicht<br />
aus den Augen.<br />
›Ich hoffe, dass ich vom Betrieb übernommen<br />
werde und dass es nahtlos weitergeht.<br />
Das Berufliche steht <strong>bei</strong> mir auf<br />
jeden Fall im Vor<strong>der</strong>grund. Ich bin beeindruckt,<br />
was man schaffen kann, wenn<br />
man will.‹<br />
Den letzten Satz sagt Nadia nicht so, wie ihn<br />
manche sagen, die ausdrücken wollen: Wer<br />
ar<strong>bei</strong>ten will, <strong>der</strong> kriegt auch welche. Bei<br />
Nadia schwingt das freudige Erstaunen über<br />
sich selbst mit, die sich als 12-Jährige noch<br />
als ›kleine Floristin‹ sah und heute nicht nur<br />
mit PS-starken Brummis hantiert, son<strong>der</strong>n sich<br />
auch noch liebe- und verantwortungsvoll um<br />
einen fünfjährigen Sohn kümmert.<br />
Risiko Kind –<br />
Absturz aus <strong>der</strong> Mittelschicht<br />
Alleinerziehende<br />
Mütter werden<br />
in Hartz IV gezwungen<br />
Starkes Wollen reicht nicht immer aus, um<br />
seine Ziele zu erreichen. Die Erfahrung haben<br />
die meisten <strong>der</strong> Frauen gemacht, die sich<br />
einmal in <strong>der</strong> Woche zum gemeinsamen Frühstück<br />
in den Räumen des Verbandes alleinerziehen<strong>der</strong><br />
Mütter und Väter (VAMV) in Walle<br />
treffen. Im Bremer Landesverband sind 50<br />
Frauen und drei Männer engagiert, was ungefähr<br />
dem Anteil von 90 Prozent Frauen unter<br />
allen Alleinerziehenden entspricht. Überwiegend<br />
sind es Hartz-IV-Empfängerinnen, die<br />
sich hier treffen, austauschen und ihre Interessen<br />
vertreten.<br />
›Mehr als jede zweite alleinerziehende<br />
Frau in Bremen ist abhängig von Transferleistungen<br />
nach dem SGB II. Dies ist die<br />
zweithöchste Hilfequote unter allen Bundeslän<strong>der</strong>n,<br />
signifikant höher als in den<br />
<strong>bei</strong>den Stadtstaaten Hamburg und Berlin.‹<br />
(Armuts- und Reichtumsbericht<br />
des Senats <strong>der</strong> Freien Hansestadt Bremen 2009.)<br />
So bitter diese Zahl ist, dass sie überhaupt in<br />
einem eigenständigen Kapitel des Armuts- und<br />
Reichtumsberichts auftaucht, ist ein Erfolg<br />
des Verbandes. ›Die wollten uns mit an<strong>der</strong>en<br />
Randgruppen zusammenfassen. Erst als wir<br />
protestiert haben, haben wir Alleinerziehenden<br />
ein eigenes Kapitel bekommen‹, sagt Vorstandsmitglied<br />
Petra Gabriels.<br />
Die Stimmung unter den zehn Frauen und<br />
einem Mann, die sich hier heute treffen, ist<br />
aufgewühlt. Die Vorschläge <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
<strong>zur</strong> Hartz-IV-Reform erregen die Gemüter.<br />
Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Wegfall des Elterngeldes sorgt<br />
für regen Diskussionsstoff.