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Bericht zur sozialen Lage 2011 - bei der Arbeitnehmerkammer ...

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46<br />

Armut und Alleinerziehen<br />

Diese Erzählung ist nur ein Beispiel von<br />

Benachteiligungen Alleinerziehen<strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Wohnungssuche. Es zeigt sich, dass sich<br />

gesellschaftliche Vorurteile, die in Teilen <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit produziert und bestätigt werden,<br />

sich in Handlungen nie<strong>der</strong>schlagen, die mit<br />

<strong>der</strong> Verteilung von Ressourcen verbunden<br />

sind. Ein weiteres Vorurteil lautet, Alleinerziehende<br />

hätten ihre Kin<strong>der</strong> weniger gut im<br />

Griff als an<strong>der</strong>e Eltern. Diese Einstellung wird<br />

insbeson<strong>der</strong>e gegenüber alleinerziehenden<br />

Müttern mit Söhnen geäußert und selbst von<br />

Teilen des pädagogischen Diskurses gestützt.<br />

Solche Abwertungen einer Familienform,<br />

insbeson<strong>der</strong>e wenn sie durch pädagogisches<br />

Personal in Kin<strong>der</strong>betreuungsinstitutionen<br />

beziehungsweise in Schulen transportiert<br />

werden, können zu einer ständigen Verteidigungshaltung<br />

<strong>bei</strong> Alleinerziehenden führen und<br />

das Gefühl auslösen, mit dem Rücken <strong>zur</strong><br />

Wand zu stehen.<br />

Eine alleinerziehende Mutter berichtet über<br />

Reaktionen eines Familienmitglieds:<br />

›Na ja, er ist ja nun sehr katholisch und ist<br />

<strong>der</strong> Meinung, dass eine Alleinerziehende<br />

keinen Wert hat. Also eine Frau muss<br />

einen Mann haben, sonst darf man keine<br />

Kin<strong>der</strong> kriegen. Und erst recht nicht noch<br />

ein zweites Kind. (...) Er hat mich am<br />

Anfang beschimpft, das kann man schon<br />

sagen. Also beschimpft und nicht für<br />

vollwertig gehalten.‹<br />

Erfreulicherweise konnte sich diese Alleinerziehende<br />

trotz <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten Anfeindungen<br />

ihren positiven Blick auf ihre Kin<strong>der</strong> und auf<br />

ihre Erziehungskompetenzen bewahren:<br />

›Wo ich auch wie<strong>der</strong> sage, da bin ich<br />

stolz drauf, dass ich meine Kin<strong>der</strong> allein<br />

erziehe und eigentlich doch besser<br />

klarkomme. Finanziell und auch erziehungsmäßig.<br />

Meine Kin<strong>der</strong>, die hören und<br />

die helfen auch im Haushalt mit.‹<br />

In <strong>der</strong> postmo<strong>der</strong>nen deutschen Gesellschaft<br />

liegt die Hauptverantwortung für Kin<strong>der</strong>erziehung<br />

und Familienleben nach wie vor <strong>bei</strong> den<br />

Frauen. Spiegelbildlich dazu ist die Vorstellung<br />

von männlicher Vollerwerbstätigkeit noch<br />

immer weit verbreitet und normativ aufgeladen.<br />

Das zeigt sich auch daran, dass lediglich<br />

rund sechs Prozent aller sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigten Männer in Deutschland<br />

in Teilzeit erwerbstätig sind gegenüber<br />

34 Prozent <strong>der</strong> Frauen. 18 In Bremen ar<strong>bei</strong>ten<br />

37 Prozent aller sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigten Frauen in Teilzeit gegenüber<br />

sieben Prozent <strong>der</strong> Männer. 19<br />

Müttern gegenüber, vor allem wenn die<br />

Kin<strong>der</strong> noch klein sind, besteht weiterhin die<br />

Erwartung, dass sie ihre Erwerbstätigkeit<br />

reduzieren o<strong>der</strong> zumindest zeitweise unterbrechen,<br />

um die Kin<strong>der</strong> besser versorgen zu<br />

können. Ganz entgegengesetzt dazu ist die<br />

Erwartung an die Väter. Drei von fünf <strong>der</strong><br />

interviewten erwerbslosen alleinerziehenden<br />

Väter berichten über Ratschläge, ihre Kin<strong>der</strong><br />

zu Pflegeeltern o<strong>der</strong> ins Heim zu geben,<br />

um dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt voll <strong>zur</strong> Verfügung zu<br />

stehen.<br />

›Dass ich besser mehr Zeit zum Ar<strong>bei</strong>ten<br />

aufwenden kann und dass ich eben<br />

auch schichtmäßig flexibler bin und die<br />

Kleine geht dann zu Pflegeeltern, dann ist<br />

mir diese Belastung doch genommen.‹<br />

Einer dieser Männer fühlt sich als alleinerziehen<strong>der</strong><br />

Vater diskriminiert:<br />

›Nein, das kann ich mir nicht vorstellen,<br />

dass eine Mutter so was gefragt wird.<br />

Genau das ist das. Wenn man sagt, die<br />

Mutter ar<strong>bei</strong>tet voll und das Kind ist <strong>bei</strong><br />

mir, die Blicke, die ich dann teilweise<br />

ernte, sprechen für sich.‹<br />

18 Vgl. Statistisches Bundesamt: www.destatis.de/jetspeed/<br />

portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarkt/Sozialversicherungspflichtige/Tabellen/<br />

Content100/Strukturdaten,templateId=ren<strong>der</strong>Print.<br />

19 Vgl. Statistik <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t: Beschäftigung am<br />

Ar<strong>bei</strong>tsort: Mai 2010.

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