Bericht zur sozialen Lage 2011 - bei der Arbeitnehmerkammer ...
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Dr. Barbara Rinken x Erziehungswissenschaftlerin, Frauenbeauftragte für den Wissenschaftsbereich <strong>der</strong> Hochschule Bremen<br />
4 Armut und Alleinerziehen<br />
Das Thema Alleinerziehen wird in den Medien<br />
häufig im Zusammenhang mit Defiziten thematisiert.<br />
Die beson<strong>der</strong>en Leistungen von Alleinerziehenden<br />
sind dagegen selten im Blick.<br />
Neben den sozialstrukturellen Problemen, die<br />
<strong>zur</strong> Armut Alleinerziehen<strong>der</strong> führen, sollen in<br />
diesem Artikel auch die Lebensleistungen von<br />
Alleinerziehenden beschrieben werden. Denn<br />
Kin<strong>der</strong> großzuziehen erfor<strong>der</strong>t ja bereits von<br />
Paaren ein hohes Maß an Energie und Geduld<br />
sowie die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse<br />
<strong>zur</strong>ückzustellen. Alleinerziehende müssen<br />
diese Anfor<strong>der</strong>ungen ausschließlich aus eigener<br />
Kraft bewältigen und gleichzeitig ein verbindliches<br />
Beziehungsnetzwerk aufbauen.<br />
Soziale Kontakte und Erwerbstätigkeit sind für<br />
sie die wichtigsten Faktoren für Zufriedenheit<br />
mit dieser spezifischen Lebenssituation. 1<br />
Da Alleinerziehende in <strong>der</strong> Regel auf ihren<br />
Wohnort und auf eingeschränkte Ar<strong>bei</strong>tszeiten<br />
festgelegt sind, betreffen sie die Verän<strong>der</strong>ungen<br />
des Ar<strong>bei</strong>tsmarktes in beson<strong>der</strong>er Weise:<br />
<strong>der</strong> Rückgang unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse,<br />
die Ausweitung des Niedriglohnbereichs<br />
und die zunehmenden Flexibilitätsanfor<strong>der</strong>ungen.<br />
Erhebliche Einschränkungen<br />
ergeben sich außerdem durch die Beharrlichkeit<br />
des Modells <strong>der</strong> Halbtagsschulen und<br />
Halbtagskin<strong>der</strong>gärten und <strong>der</strong> damit verbundenen<br />
Teilzeitar<strong>bei</strong>t vieler erwerbstätiger Frauen.<br />
Vor allem wegen dieser strukturellen Hemmnisse<br />
sind aktuell von den 1.558.000 Millionen<br />
Alleinerziehenden in Deutschland insgesamt<br />
(2009) 647.000 Alleinerziehende (40 Prozent)<br />
bundesweit auf Ar<strong>bei</strong>tslosengeld II (Hartz IV)<br />
angewiesen, 2 davon im Land Bremen 9.456 3 .<br />
Den schwierigen Bedingungen zum Trotz ist<br />
<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> Alleinerziehenden erwerbstätig:<br />
›Zwei Drittel <strong>der</strong> alleinerziehenden Frauen<br />
mit Kin<strong>der</strong>n unter 18 Jahren sind erwerbstätig,<br />
das sind zwei Prozent mehr als unter<br />
den Müttern aus Paarfamilien. Alleinerziehende<br />
Frauen ar<strong>bei</strong>ten auch deutlich häufiger Vollzeit<br />
als an<strong>der</strong>e Mütter: 42 Prozent im Gegensatz<br />
zu 27 Prozent <strong>bei</strong> Müttern aus Paarfamilien.‹ 4<br />
Die mit den unterschiedlichen sozialstrukturellen<br />
Situationen einhergehenden Lebensgefühle<br />
Alleinerziehen<strong>der</strong> werden in diesem<br />
Artikel anhand von Auszügen aus Interviews<br />
verdeutlicht. 5<br />
1 Vgl. Rinken (2010). Aussagen in diesem Text, die nicht mit einer<br />
an<strong>der</strong>s lautenden Literaturangabe versehen sind , beziehen sich<br />
auf diese Publikation.<br />
2 Vgl. Familienreport 2010: 72.<br />
3 Vgl. Statistik <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t: SGB-II-Län<strong>der</strong>report<br />
Juni 2010.<br />
4 Familienreport 2010: 71.<br />
5 Hier kommen Alleinerziehende als Expertinnen und Experten ihrer<br />
Lebenssituationen zu Wort. Die im folgenden Text eingefügten<br />
Interviewpassagen sind einer qualitativen Forschungsar<strong>bei</strong>t entnommen<br />
(Rinken 2010). Die Befragung wurde mit <strong>der</strong> Methode<br />
des ›problemzentrierten Interviews‹ (Witzel 2000) durchgeführt.<br />
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