Rechtsgutachten - MBWSV NRW
Rechtsgutachten - MBWSV NRW
Rechtsgutachten - MBWSV NRW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20<br />
Die verfassungsrechtlich erwartete Maklerrolle des Bundes resultiert noch aus einem<br />
anderen Begründungsstrang. Bundesstaatliche Kompetenzen stehen nicht zur Dispositi-<br />
on derjenigen, die durch sie ermächtigt bzw. gebunden werden. Das ist allgemein aner-<br />
kannt 59 . Zöge sich der Bund aus seinem Gesetzgebungsauftrag nach Art. 106a Satz 2 GG<br />
zurück und überließe die Aushandlung den Ländern qua ihrer Bundesratsmitwirkung,<br />
setzte sich stets eine Ländermehrheit durch. Dies geriete zumindest nahe in die Gefahr,<br />
dass die Länder über eine Ländermehrheit im Bundesrat über die Kompetenz „disponie-<br />
ren“ könnten. Um dies zu verhindern ist stets die aktive Mitwirkung des Bundes an „sei-<br />
nem“, einem Bundesgesetzgebungsverfahren zwingend erforderlich. In dem oben refe-<br />
rierten Zusammenhang mit dem bundesstaatlichen Finanzausgleich hat der Zweite Se-<br />
nat des Bundesverfassungsgerichts das mit der gebotenen Klarheit erkannt und bekräf-<br />
tigt: „Andererseits rechtfertigt auch die bloße parlamentarische Mehrheit noch nicht den<br />
beschlossenen Finanzausgleich. Der Gesetzgeber hat gegenläufige Interessen festzustel-<br />
len, zu bewerten und auszugleichen. Er darf aber nicht allein in der Rechtfertigung eines<br />
Mehrheitswillens zu Lasten einer Minderheit auf fremde Haushalte zugreifen oder Aus-<br />
gleichsansprüche vereiteln. Damit begegnet eine Gesetzgebungspraxis, die das Finanzaus-<br />
gleichsgesetz faktisch in die Verantwortlichkeit des Bundesrates verschiebt, verfassungs-<br />
rechtlichen Einwänden.“ 60<br />
V. Zwischenergebnis: Pflicht des Bundes zur Maßstabsbildung im Sinne der<br />
Grundintention der Reform sowie als Mittler zwischen divergierenden Länderin-<br />
teressen<br />
Art. 106a GG erweist sich als Verfassungsauftrag zur Gesetzgebung, nicht lediglich als<br />
Kompetenznorm, die ausgefüllt werden kann oder auch nicht. Da Bundesgesetzge-<br />
bungskompetenz angeordnet ist, ist der Bund aufgerufen, von seinem Gesetzesinitiativ-<br />
recht Gebrauch zu machen; über den Bundesrat könnte lediglich eine Ländermehrheit<br />
aktiv werden und das würde bereits das Gleichgewicht zwischen den betroffenen Län-<br />
dern stören. Aus dem Zusammenwirken der Postulate der Bundestreue und der födera-<br />
tiven Gleichbehandlung treffen den Bund hier darüber hinausgehend besondere Pflich-<br />
59 Vgl. nur Hans-Werner Rengeling, Gesetzgebungszuständigkeit, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des<br />
Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 6, 3. Aufl. 2008, § 135 Rdnr. 16.<br />
60 BVerfGE 101, 158 (219) – Hervorhebung nur hier.