Rechtsgutachten - MBWSV NRW
Rechtsgutachten - MBWSV NRW
Rechtsgutachten - MBWSV NRW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
49<br />
Linie, insbesondere hinsichtlich der (verfassungs-)rechtlichen Qualifikation der Katego-<br />
rie hergeleitet werden.<br />
cc) Zwischenfazit<br />
Hieraus lässt sich – in Verbindung mit der auch legislativen Präsenz – als Zwischener-<br />
gebnis festhalten, dass der Begriff Daseinsvorsorge einerseits rechtliche Relevanz, ande-<br />
rerseits aber auch eine charakteristische Unschärfe besitzt 193. Derartige Begriffe werden<br />
neuerdings als „Brücken-“ oder „Verbundbegriffe“ gekennzeichnet 194. Ihnen kommt vor-<br />
rangig Problemanzeigefunktion zu. In Teilbereichen entwickeln sie sich zu echten<br />
Rechtsbegriffen. Für vorliegende Fragestellung bedeutet dies: Aus der Qualifizierung als<br />
Daseinsvorsorge allein können keine (verfassungs-)rechtlichen Folgen, insbesondere<br />
keine Ansprüche oder Verpflichtungen hergeleitet werden. Dafür bräuchte es einer ex-<br />
pliziten verfassungsrechtlichen Grundlage, wie wir sie für Teilbereiche in Art. 87e Abs. 4<br />
GG finden. Für vorliegende Fragestellung ist daher deutlich zwischen der Funktion des<br />
Begriffs „Daseinsvorsorge“ als (politischer) „Argumentationstopos“ 195 einerseits, der<br />
Frage nach daraus herzuleitenden verfassungsrechtlichen Ansprüchen andererseits zu<br />
unterscheiden. Aus der Verwendung in § 1 Regionalisierungsgesetz kann, da es sich um<br />
eine einfachrechtliche Festschreibung handelt, zumindest verfassungsrechtlich nichts<br />
hergeleitet werden. Zusammengefasst: Die hier skizzierten Verteilungsmaßstäbe, insbe-<br />
sondere das Bemühen, jeglichen „Nebenfinanzausgleich“ zu unterbinden, kann durch die<br />
Berufung auf den Argumentationstopos „Daseinsvorsorge“ nicht erschüttert werden.<br />
lenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, in: Blümel (Hrsg.), Ernst Forsthoff, 2003, S. 81 f., hier Fn. 123<br />
und 124; nach Wolfgang Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, DVBl. 1991,<br />
132 (136 f.) habe die Rechtsprechung (bis 1991 jedenfalls) den Begriff der Daseinsvorsorge in zwei Argumentationszusammenhängen<br />
verwendet. Einen Argumentationsstrang stelle insoweit das Verwaltungsprivatrecht<br />
dar. Erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Staates bzw. der Kommunen seien nach dem<br />
Subsidiaritätsgebot nur in Bereichen der Daseinsvorsorge möglich. Andererseits qualifiziere „Daseinsvorsorge“<br />
das staatliche Leistungsangebot als öffentlich-rechtlich, vgl. hierzu auch BGHZ 52, 325, 328.<br />
193 Klare Einordnung als Rechtsbegriff etwa bei Michael Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff,<br />
in: Blümel (Hrsg.), Ernst Forsthoff, 2003, S. 73 ff.<br />
194 Vgl. für den Begriff der Nachhaltigkeit Wolfgang Kahl, Nachhaltigkeit als Verbundbegriff, 2008.<br />
195 Georg Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 129.