Rechtsgutachten - MBWSV NRW
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dieser die Länder „führt“) 102. Einzelheiten spielen in vorliegendem Zusammenhang kei-<br />
ne Rolle.<br />
3. Stellung des Art. 106a GG im Stufensystem des Finanzausgleichs und der Finanzierungs-<br />
last<br />
Die Stellung des Art. 106a GG in diesem Tableau erscheint alles andere als klar und wird<br />
auch in der Literatur nicht stets einheitlich beurteilt 103. Die systematische Stellung der<br />
Norm hinter der Steuerertragsverteilung durch Art. 106 GG spricht für eine Vorschrift<br />
des primären, d.h. ertragszuteilenden Finanzausgleichs. Dies bedeutete, dass die Ausle-<br />
gung an der Logik des (allgemeinen) bundesstaatlichen Finanzausgleichs Teil hätte, mit-<br />
hin dessen Grundprinzipien unterworfen wäre. Die überzeugenderen Argumente spre-<br />
chen freilich für eine andere Deutung: Es handelt sich um eine besondere Regelung der<br />
Finanzierungslast, d.h. um eine Ausnahme der allgemeinen Regel des Art. 104a GG.<br />
Durch die Norm werden nämlich zweckgebundene Zahlungen des Bundes an die Länder<br />
ermöglicht, die ohne diese Vorschrift wegen Art. 104a GG unzulässig wären 104. Das<br />
Missverständnis, es gehe um eine Korrektur der primären horizontalen Ertragsvertei-<br />
lung von Steuern nach Art. 106 GG ist neben der verfehlten systematischen Stellung in-<br />
nerhalb des zehnten Abschnitts des Grundgesetzes auch dadurch bedingt, dass – wie<br />
oben im Rahmen der Entstehungsgeschichte gezeigt werden konnte – ursprünglich aus-<br />
drücklich diese Finanzzuweisungen des Bundes aus seinem Mineralölsteueraufkommen<br />
geleistet werden sollten (sog. Mineralölsteuerverbund, d.h. Umformung der Mineralöl-<br />
102 Näher Rainer Prokisch, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, At.<br />
104a Rdnr. 9 ff., 34 ff.<br />
103 Vgl. insgesamt auch Irene Kesper, Bundesstaatliche Finanzordnung, 1998, S. 107 f., 245, die freilich von<br />
einer Uneinordbarkeit der Norm in die Finanzverfassung, von einem „Fremdkörper“ im zehnten Abschnitt<br />
des Grundgesetzes ausgeht.<br />
104 Ulrich Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 80, 254 (Zitat): „Die Vorschrift befaßt sich deshalb überhaupt<br />
nicht mit der Verteilung des Steueraufkommens, sondern ermöglicht zweckbestimmte Bundeszuweisungen<br />
an die Ländern, die ansonsten – im Hinblick auf Art. 104a Abs. 1 GG – unzulässig wären.“ S. 255: „Der<br />
beabsichtigte Ausgleich für die Länder im Zusammenhang mit der Übernahme eines Teils der bisherigen<br />
Bundesbahn stellt eine Ausnahme vom Konnexitätsprinzip des Art. 104a Abs. 1 GG dar.“ Ebenso Jürgen W.<br />
Hidien, Der spezielle Finanzierungsausgleich gem. Art. 106a GG, DVBl. 1997, S. 595 (596); Peter Michael<br />
Huber, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 106a Rdnr.<br />
3: „Er ermöglicht damit zweckbestimmte Sonderzahlungen an die Länder, die jenseits von Art. 104b Abs. 1<br />
und Art. 106 Abs. 4 S. 2 unzulässig wären, und für die auch Art. 107 Abs. 2 S. 3 keinen Raum lässt.“ Ferner<br />
Markus Heintzen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 106a<br />
Rdnr. 1; Helmut Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 6. Aufl. 2011, Art. 106a Rdnr. 3, 8.