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Rechtsgutachten - MBWSV NRW

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Es empfiehlt sich, einerseits vom ertragszuweisenden oder „primären“, andererseits<br />

vom umverteilenden oder „sekundären“ Finanzausgleich zu sprechen 89. In ihrer Zu-<br />

30<br />

sammenschau errichten diese vier Formen des Finanzausgleichs in den Art. 106 und 107<br />

GG ein vierstufiges, in sich geschlossenes Finanzausgleichssystem 90 : Auf einer ersten<br />

Stufe regelt Art. 106 GG die Aufteilung des Steuerertrags als primären vertikalen Fi-<br />

nanzausgleich. Art. 106 Abs. 3 S. 3 ff. GG verleiht bereits diesem einen partiell ausgaben-<br />

und bedarfsorientierten Charakter 91. Als zweite Stufe regelt sodann Art. 107 Abs. 1 GG<br />

den primären horizontalen Finanzausgleich, d.h. die Verteilung des Anteils der Länder-<br />

gesamtheit am Steuerertrag auf die je einzelnen Länder. Zum maßgeblichen Kriterium<br />

bestimmt Art. 107 Abs. 1 S. 1 GG die örtliche Vereinnahmung, als Korrekturmechanis-<br />

mus wirkt das Zerlegungsgebot nach Art. 107 Abs. 1 S. 2 GG. Von diesen allgemeinen<br />

Grundsätzen abweichend bestimmt sich der Anteil an der Umsatzsteuer gem. Art. 107<br />

Abs. 1 S. 4 GG nach dem Pro-Kopf-Prinzip, mit fakultativer Korrektur nach Art. 107 Abs.<br />

1 S. 4 Hs. 2 GG. Die so gefundene Verteilung des Steueraufkommens wird auf einer drit-<br />

ten Stufe durch den sekundären horizontalen Finanzausgleich nach Art. 107 Abs. 2 GG<br />

korrigiert.<br />

In diesem manifestiert sich das „bündische Prinzip“, des „Einstehens“ und „Eintretens“<br />

füreinander 92 , als gegenüber der Finanzautonomie komplementärem Grundprinzip der<br />

bundesstaatlichen Finanzverfassung. Im Sinne praktischer Konkordanz 93 findet diese<br />

„Abgabe der leistungsstärkeren Länder aus Eigenem“ 94 ihre Grenze in dem, in seiner<br />

Konkretisierung äußerst unklaren und demgemäß umstrittenen, Nivellierungsverbot 95 .<br />

Der vertikale sekundäre Finanzausgleich bildet schließlich die vierte und letzte Stufe in<br />

Gestalt von Zuweisungen des Bundes an leistungsschwache Länder auf der Grundlage<br />

des Art. 107 Abs. 3 S. 3 GG, als „Sammelbecken verbliebener Ausgleichsbedürfnisse“ 96. In<br />

89 Vgl. auch Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 23.<br />

90 BVerfGE 72, 330 (383 ff.); Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S.<br />

419 ff.; Hans-Günter Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Finanzverfassung, 2. Aufl. 2000, Rdnr. 689 ff.<br />

91 Hans-Günter Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Finanzverfassung, 2. Aufl. 2000, Rdnr. 690.<br />

92 BVerfGE 72, 330 (386 f., 404).<br />

93 Vgl. Paul Kirchhof , Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als<br />

Garant vorhandener Finanzautonomie, 1982, S. 8 f.; Klaus Vogel/Christian Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfassungsrechts,<br />

1999, Rdnr. 88; zum Begriff allgemein Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts<br />

der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rdnr. 72, 317 f.<br />

94 Hans-Günter Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Finanzverfassung, 2. Aufl. 2000, Rdnr. 694.<br />

95 BVerfGE 1, 117 (131 f.); 72, 330 (398); Klaus Vogel/Christian Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfassungsrechts,<br />

1999, Rdnr. 78 ff.; Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S.<br />

612 f.; vgl. Hans Pagenkopf , Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1977, S. 159 ff.<br />

96 Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 643.

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