Rechtsgutachten - MBWSV NRW
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einerseits multipolare Interessengeflechte zwischen Privaten und dem Staat zum Aus-<br />
gleich bringen und andererseits die Rahmenbedingungen von Märkten durch staatliche<br />
Regulierung schaffen, die einem gemeinwohlschädigenden Marktversagen vorbeugen<br />
sollen 168 . Insofern zielt der Begriff der Gewährleistungsverwaltung in eine andere Rich-<br />
tung als die in ihrer verwaltungsrechtsdogmatischen Auslegung der Leistungsverwal-<br />
tung unterfallende Daseinsvorsorge 169. Allerdings waren die vom Staat an Private über-<br />
tragenen Tätigkeiten größtenteils ursprünglich der Daseinsvorsorge als Teil der Leis-<br />
tungsverwaltung zuzuordnen 170 . Daseinsvorsorge verstanden als reine Versorgungsleis-<br />
tung kann somit zwar Gegenstand der Gewährleistungsverwaltung sein, ist jedoch nicht<br />
mit ihr gleichzusetzen.<br />
(2) Diskussion um das Konzept der Daseinsvorsorge<br />
Seit jeher sah sich der Begriff „Daseinsvorsorge“ heftiger Kritik im Schrifttum ausge-<br />
setzt, die jedenfalls entscheidenden Anteil daran gehabt haben dürfte, dass sich die von<br />
Forsthoff im Jahr 1959 171 konstatierte Durchsetzung des Begriffs bis heute nicht endgül-<br />
tig vollzogen hat. Die Kritik richtet sich vor allem auf die Konturlosigkeit und fehlende<br />
Bestimmtheit der Daseinsvorsorge 172 . Diese sei auf die große Reichweite des Begriffs<br />
zurückzuführen, die einen Bezug zu Einzelaufgaben oder eindeutigen Kriterien zur Er-<br />
mittlung derselben unmöglich mache 173 . Eine Eignung der Daseinsvorsorge als Rechts-<br />
begriff erscheine vor diesem Hintergrund fraglich. Denn ein solcher müsse als klar er-<br />
kennbarer Anknüpfungspunkt für bestimmte Rechtsfolgen dienen können 174. Zudem<br />
wird angemerkt, zur Begründung von Teilhabeansprüchen sei Daseinsvorsorge ange-<br />
sichts von Grundrechten als subjektiv-öffentlichen Rechten ungeeignet bzw. überflüs-<br />
168 Helmuth Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-<br />
Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 2012, § 12 Rdnr. 51.<br />
169 Ebd.<br />
170 Vgl. Johann-Christian Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 2001, S. 19, der den Begriff<br />
„öffentliche Versorgung“ aufgrund seiner „Trägerneutralität“ von dem der Daseinsvorsorge abgrenzt.<br />
171 Ernst Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959, S. 9.<br />
172 Johann-Christian Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 2001, S. 353: „Pauschalisierende<br />
Grobformel“; vgl. zur Kritik Michael Ronellenfitsch, Daseinsvorsorge als Rechtsbegriff, in: Blümel (Hrsg.),<br />
Ernst Forsthoff, 2003, S. 72; ders., Daseinsvorsorge und Wirtschaftlichkeit des Eisenbahnwesens, DVBl.<br />
2008, 201 (203); Matthias Knauff, Der Gewährleistungsstaat: Reform der Daseinsvorsorge, 2004, S. 46.<br />
173 Matthias Knauff, Der Gewährleistungsstaat: Reform der Daseinsvorsorge, 2004, S. 45 f.<br />
174 Matthias Knauff, Der Gewährleistungsstaat: Reform der Daseinsvorsorge, 2004, S. 46.