Rechtsgutachten - MBWSV NRW
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fikation angemeldet 66. Für dünnbesiedelte Länder werden ähnliche Maßstäbe diskutiert.<br />
Ein Land wie Nordrhein-Westfalen ist ohnehin dadurch gekennzeichnet, dass Räume<br />
großer bevölkerungsmäßiger Verdichtung (Großraum Düsseldorf-Köln-Bonn; Ruhrge-<br />
biet) ländlichen und damit dünn besiedelten Räumen (Münsterland; Sauerland; Ost-<br />
westfalen) gegenüberstehen. Der hier als Notbehelf vorgeschlagene Bevölkerungsmaß-<br />
stab könnte mit naheliegenden verkehrswirtschaftlichen Indikatoren, die objektive Be-<br />
darfe benennen und nicht alte Kompromisse fortschreiben bzw. das politisch Gewollte<br />
zum Maßstab erklären, kombiniert werden. Sollten solche Maßstäbe jedoch nicht er-<br />
sichtlich sein oder sollte über sie keine Einigung erzielt werden, bliebe der ungewichtete<br />
Einwohnermaßstab als mögliche Rückfalloption in jedem Fall erhalten.<br />
2. Die Bedeutung föderaler Gleichheit im vorliegenden Zusammenhang<br />
Die föderale Gleichheit der Länder im deutschen Bundesstaat spielt nicht nur – wie oben<br />
angerissen – verfahrensrechtlich eine Rolle. Auch bei der Auswahl der Verteilungsindi-<br />
katoren ist sie zu berücksichtigen. Die föderale Gleichheit der Glieder des Bundes folgert<br />
das Bundesverfassungsgericht nach anfänglichem Schwanken inzwischen aus einer<br />
Kombination des Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot, d.h. als ob-<br />
jektivrechtliches Postulat mit einer Herleitung aus dem Bundesstaatsprinzip selbst 67.<br />
Für vorliegende Fragestellung folgt daraus ein Gebot sachgerechter Differenzierung für<br />
den Bund, die jeweils sachbereichsspezifisch zu konkretisieren ist 68 . Damit ist in Bezug<br />
auf die Verteilungsmaßstäbe jegliche Willkür verboten. Eine rein zahlenmäßige Festle-<br />
gung der Verteilung der Mittel wäre nun freilich „willkürlich“, auch wenn es sich um das<br />
Ergebnis eines politischen Kompromisses aus „Geben“ und „Nehmen“ handelt. Der – in<br />
der parlamentarischen Demokratie – stets notwendige politische Kompromiss ist auf<br />
Ebene der Festlegung der Maßstäbe, nicht der konkret zu verteilenden Summen festzu-<br />
legen. Andernfalls würde der Verfassungsauftrag zur Maßstabsbildung unterlaufen.<br />
66 BVerfGE 101, 158 (230 f.) mit dem Auftrag, die angeblichen Mehrbelastungen der Stadtstaaten mit denjenigen<br />
besonders dünn besiedelter Länder zu vergleichen.<br />
67 BVerfGE 72, 330 (404) sowie oben unter B IV 1.<br />
68 Markus C.F. Pleyer, Föderative Gleichheit, 2005, S. 330; Josef Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus<br />
im Grundgesetz, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland,<br />
Bd. 6, 3. Aufl. 2008, § 126 Rdnr. 143; oben unter B IV 1.