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60 habens einer Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben als „ernüchternd“ eingestuft 229, die begrenzte, bloß modifizierende Neuordnung habe sich „weder zu einem klaren Ja oder Nein der Mischfinanzierungen … durchringen können“: „So bleibt es bei den seit langem kritisierten Wirkungen der Mischfinanzierungen, ausgabensteigernden Effekten durch hohen Koordinierungs- und Verwaltungsaufwand sowie Mitnahmeeffekten infol- ge angebotener Bundesmittel, die eine ländereigene Präferenzbildung verzerren.“ 230 Die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben wäre die bessere Lösung gewesen 231. Angemerkt werden muss in diesem Zusammenhang freilich, dass die neuesten Entwick- lung in die gegenteilige Richtung weisen: Die Teilentflechtung im Hochschulbereich wird zur Zeit wieder rückgängig gemacht. 3. Art. 143c GG in diesem Kontext Art. 143c GG ist nur in dem Zusammenhang mit der Rückführung des Bundes aus Ge- meinschaftsaufgaben bzw. Gemeinschaftsfinanzierungen verständlich 232 ; die Länder haben der Föderalismusreform I nur zugestimmt, da sie entsprechende Ausgleichs- und Übergangshilfen erhalten 233 . Die Vorschrift ist daher treffend als „Kompensationsnorm“ bezeichnet worden 234 . Das gleichzeitig erlassene, einen politischen Kompromiss fixie- rende Entflechtungsgesetz 235 wird so – die Normenhierarchie quasi umkehrend – verfassungsrechtlich abgesichert 236 . Verfassungsrechtlich problematisch ist vor diesem Hintergrund – wie es das Bundesfinanzministerium freilich tut – ohne überzeugende Bezugnahme auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 143c GG eine degressive 229 Irene Kesper, Reform des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, NdsVBl. 2006, S. 145 (153). 230 Stefan Korioth, Neuordnung er Bund-Länder-Finanzbeziehungen? ZG 2007 S. 1 (5). 231 Peter Michael Huber, Das Bund-Länder-Verhältnis de constitutione ferenda, in: Blanke/Schwanengel (Hrsg.), Zustand und Perspektiven des deutschen Bundesstaates, 2005, S. 21 (39 f.). 232 Johannes Hellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 143c Rdnr. 1. 233 Vgl. auch die Begründung in BT-DrS 16/813, S. 22. 234 Andreas Kienemund, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 143c Rdnr. 1, mit dem Hinweis, dass sich die ungewöhnliche Detaillierung ebenfalls aus dem Kompromisscharakter erkläre. 235 Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen (Entflechtungsgesetz – EntflechtG) vom 5. September 2006, BGBl. I S. 2098. 236 Markus Heintzen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 143c Rdnr. 2; Werner Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 143c Rdnr. 3.
61 Rückführung der Beträge zwischen 2014 und 2019 unter Anwendung des horizontalen Verteilungsschlüssels aus § 4 EntflechtG vorzuschlagen 237. a) Auslegung der Norm in der Literatur Art. 143c Abs. 3 Satz 1 GG wird im Schrifttum unterschiedlich ausgelegt. Eine wohl auf Hans Meyer zurückreichende Auslegung sieht durch die Kriterien der Angemessenheit und der Erforderlichkeit vor dem Hintergrund des Ziels der Föderalismusreform I zu einer Entflechtung von Mischfinanzierungstatbeständen zu gelangen, das neben der Hö- he auch das „Ob“ der Finanzhilfen des Bundes zu überprüfen und auch eine Absenkung auf Null daher zulässig sei 238. Demgegenüber hat eine unbefangenere, gleichwohl die Entstehungszusammenhänge berücksichtigende Auslegung die Tatbestandsmerkmale „erforderlich“ und „angemessen“ ernst genommen 239. Es könne durchaus auf einen verfassungsrechtlich üblichen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden, wie er aus der Ver- hältnismäßigkeitsprüfung bekannt sei. Auf die vorliegende Fragestellung übertragen bedeute „erforderlich“ dann die Untergrenze, um das Notwendige finanzieren zu kön- nen, während „angemessen“ eine Abwägung verlange. b) Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 143c Abs. 3 Satz 1 GG Das BMF argumentiert in seinen Eckpunkten vom 26. September 2011 hinsichtlich der Auslegung der Tatbestandsmerkmale „angemessen“ und „erforderlich“ wie folgt: Die Begriffe seien, mangels Vergleichsfällen, nach dem allgemeinen Wortsinn zu interpretieren; da beide Tatbestandsmerkmale kumulativ vorliegen müssten sei es „logisch ausge- schlossen“, „erforderlich“ als Mindestmaß und „angemessen“ „im Sinne eines Höchst- maßes“ zu interpretieren, da die Verwendung von „angemessen“ dann „redundant“ 237 Bundesministerium der Finanzen, Eckpunkte zur Neufassung der Kompensationsbeträge nach Artikel 143c Grundgesetz für die Jahre 2014 bis 2019, 26. September 2011, S. 1 f.; die ebd., S. 13 ff. angestellten Überlegungen vermögen, wie zu zeigen sein wird, verfassungsrechtlich nicht zu überzeugen. 238 Hans Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 245; ebenso Johannes Hellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 143c Rdnr. 13; a.A. etwa Markus Heintzen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 143c Rdnr. 12. 239 Thomas Hilpert, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Zahlungen nach dem EntflechtG ab 2014, IR 2011, S. 202 ff.
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