Rechtsgutachten - MBWSV NRW
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III. Die Unterscheidung zwischen dem aufkommensbezogenen allgemeinen Fi-<br />
nanzausgleich und dem bedarfsbezogenen Sonderfall des Art. 106a GG<br />
Die oben vorgenommene finanzverfassungsrechtliche Verortung des Art. 106a GG ist<br />
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nun entscheidend für seine Interpretation. Handelte es sich um eine Vorschrift aus dem<br />
allgemeinen Bund-Länder-Finanzausgleich, müssten sich die Verteilungsmaßstäbe an<br />
dem Konzept dieses Ausgleichs orientieren. Dieses ist die Finanzkraft der am Ausgleich<br />
Beteiligten. Handelt es sich jedoch – wie herausgearbeitet – um eine Durchbrechung der<br />
allgemeinen Finanzierungsverantwortung mit der Anordnung einer Finanzzuweisung<br />
des Bundes, kann – im Zusammengreifen mit der Entstehungsgeschichte – nachgewie-<br />
sen werden, dass nicht die unterschiedliche Finanzkraft der Ausgleichsberechtigten ni-<br />
velliert werden soll, es sich also nicht um eine „Fortsetzung des Finanzausgleichs mit<br />
anderen Mitteln“ handeln darf, sondern das die konkreten Bedarfe in dem zu bezu-<br />
schussenden Bereich maßstabgebend sein müssen. Anders ausgedrückt: Art. 106a GG<br />
dient nicht dem Ausgleich von Leistungsunterschieden zwischen den Ländern, die Fi-<br />
nanzkraft der beteiligten Zuweisungsempfänger ist grundsätzlich irrelevant 113 .<br />
1. Finanzkraft als zentrale und bedarfsunabhängige Größe des Finanzausgleichs und ihre<br />
Ausnahmen und Durchbrechungen<br />
Der allgemeine bundesstaatliche Finanzausgleich der Art. 106, 107 GG, v.a. des Art. 107<br />
Abs. 2 GG (sekundärer umverteilender Ausgleich) ist ein Finanzkraftausgleich 114. Mit der<br />
Finanzkraft eines Landes werden primär die Steuereinnahmen, darüber hinaus auch<br />
sonstige finanzausgleichsrelevante Einnahmen erfasst und auf Prokopf-Werte umge-<br />
rechnet 115 . Bedarfe sind damit grundsätzlich irrelevant. Das wird freilich teilweise<br />
durchbrochen, wobei jede Ausnahme – Einwohnerveredelung; Hafenlasten – mehr als<br />
strittig und teilweise rational auch nicht haltbar ist 116 . Lediglich auf der Ebene der Bun-<br />
desergänzungszuweisungen nach Art. 107 Abs. 2 Satz 3 GG (sog. sekundä-<br />
113 Zur grundsätzlichen Trennung zwischen der Bahnreform einschließlich der REgionalisierung des Nahverkehrs<br />
einerseits, dem Föderalen Konsolidierungsprogramm andererseits auch Folkert Kiepe, Städte<br />
zum Solidarpakt, der städtetag 1993, S. 259.<br />
114 Gunnar Folke Schuppert, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz. Mitarbeiterkommentar und Handbuch,<br />
Bd. 2, 2002, Art. 107 Rdnr. 37; ausführlich Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und<br />
Ländern, 1997, S. 548 ff.<br />
115 Werner Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 107 Rdnr. 25 ff.<br />
116 Ausführlich Stefan Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 578 ff.