Rechtsgutachten - MBWSV NRW
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Daraus ergibt sich folgende Auslegung von Art. 143 Abs. 3 Satz 1 GG: „Erforderlich“ für<br />
die Mittelbemessung 2014 bis 2019 meint eine bedarfsbezogene Prognose, die sich – um<br />
eine politisch mögliche, dem Sinn und Zweck der Regelung freilich in der Tat widerspre-<br />
chende beliebige Ausweitung des Leistungsangebots zu verhindern – zunächst an den<br />
Werten der Vergangenheit orientiert, diese jedoch mittels verkehrswissenschaftlicher<br />
Indikatoren in die Zukunft fortschreiben darf; die so ermittelten Zahlungen müssen zu-<br />
gleich „angemessen“ sein, d.h. nach Ermittlung des Erforderlichen darf und muss auf<br />
einer zweiten Stufe im Wege einer Abwägung dieses Ergebnis noch einmal überprüft<br />
werden. Dabei wäre – wenn dies aufgrund verkehrswissenschaftlicher Indikatoren<br />
nachgewiesen werden könnte – grundsätzlich auch eine Erhöhung der Mittel möglich,<br />
z.B. aufgrund höchstwahrscheinlich eintretender Steigerungen von Lohn- oder Energie-<br />
kosten o.ä. 243 Die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, dass die Mittel auch<br />
ganz entfallen könnten 244, ist damit ausgeschlossen. Das Wort „noch“ in Art. 143c Abs. 3<br />
Satz 1 deutet auf die Zeitspanne 2014 bis 2019 hin, hat jedoch keine eigenständige ma-<br />
terielle Bedeutung neben den Vorgaben der Angemessenheit und Erforderlichkeit 245 .<br />
Die vom Bund vorgeschlagene schlicht-lineare Rückführung verfehlt die in Art. 143c<br />
Abs. 3 Satz 1 GG verfassungskräftig aufgestellten tatbestandlichen Voraussetzungen für<br />
die Überprüfung, da damit abstrakt aus einem vermeintlichen Ziel der Norm, nicht je-<br />
doch aus den in der Vorschrift angesprochenen Indikatoren heraus argumentiert wird.<br />
Auch die Interpretation, dass es zur Natur einer Übergangsregelung gehöre, dass zuvor<br />
festgesetzte Zahlungen auslaufen müssten, ist alles andere als zwingend. Art. 143c GG ist<br />
so zu interpretieren, dass bis zur grundlegenden Neuverhandlung der Finanzbeziehun-<br />
gen im Bundesstaat, wie sie mit dem Auslaufen des Solidarpakts II 2019 246 erfolgen<br />
muss, eine Übergangsregelung getroffen werden sollte. Das impliziert keine Rückfüh-<br />
rung und kein Auslaufen, zumal wenn man bedenkt, dass – etwa im Hochschulbereich –<br />
Mischfinanzierungstatbestände eine gewisse Renaissance erleben und angesichts der<br />
243 Vgl. auch Thomas Hilpert, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Zahlungen nach dem EntflechtG ab<br />
2014, IR 2011, S: 202 (203); a.A. v.a. Hans Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 248 f.<br />
244 Vgl. die Nachweise oben in Fn. 237.<br />
245 Vgl. auch Thomas Hilpert, Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Zahlungen nach dem EntflechtG ab<br />
214, IR 2011, S. 202 (203).<br />
246 Zur Intention dieser Befristung auch Werner Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 3,<br />
2. Aufl. 2008, Art. 143c Rdnr. 3.