Klimawandel – Faktum oder Spuk? - OPUS - Friedrich-Alexander ...
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Matthias Warstat<br />
durch dessen Auswahl man die eigene Jugendlichkeit <strong>oder</strong> einen ausgefallenen<br />
Geschmack unterstreichen könnte. Für Guttenbergs eigene Generation,<br />
die mit der Musik der 80er-Jahre groß wurde, ist der Deep Purple-Song<br />
schon eher ein Oldie, aber im Rahmen eines Rituals, das über 400 Jahre alt ist<br />
und auch ein bisschen so aussieht, ist ein Rock-Song durchaus ein Signal der<br />
Innovation. Zugleich eignet sich diese spezielle Musik als Kompromiss zwischen<br />
politisch wichtigen Generationen, denn sowohl für die 40<strong>–</strong>50-Jährigen<br />
als auch für die 20<strong>–</strong>30-Jährigen klingt Deep Purple akzeptabel.<br />
Für das Thema der Mediengesellschaft ist jenseits solcher Stilfragen bereits<br />
bemerkenswert, dass das militärische Zeremoniell in voller Länge live<br />
ins Fernsehen gelangt. In der alten Bundesrepublik gehörte es zur Staatsräson,<br />
militärische Rituale weitgehend hinter die Mauern der Kasernen zu verbannen<br />
und von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Diese Zurückhaltung hatte<br />
mit der problematischen Tra dition der Bundeswehr zu tun, nämlich mit der<br />
Frage, wie sich die Kultur der Bundeswehr zu der diskreditierten Vorgeschichte<br />
der Wehrmacht und ihrer Verstrickung in die nationalsozialistische<br />
Vernichtungspolitik verhielt. Erst nach der Wiedervereinigung und vor allem<br />
im Zuge der Beteiligung an den Einsätzen in Jugoslawien und in Afghanistan<br />
wurde das eigenartige, fremd und anachronistisch wirkende Zeremoniell<br />
des Militärs wieder offensiver ins Licht der Öffentlichkeit und in die Medien<br />
gerückt und auf diese Weise die Grenze zwischen verborgener Politik und<br />
öffentlicher Politik neu gezogen. Der Zapfenstreich für zu Guttenberg markiert<br />
eine Station auf diesem Weg: Als Teil einer pikanten, in Teilen auch boulevardesken<br />
Personality-Geschichte wird die Zeremonie erstmals zum Fernsehereignis.<br />
II. In der 192. Ausgabe von „Wetten dass …“ am 4. Dezember 2010 versuchte<br />
der 23-jährige Samuel Koch aus dem Kreis Lörrach, der gerade ein<br />
Schauspielstudium aufgenommen hatte, fünf entgegenkommende Autos auf<br />
Sprungstelzen zu überspringen. Bei drei kleineren Autos gelang ihm das problemlos,<br />
auch das vierte Auto, eine Limousine, überwand er nach Anlauf mit<br />
einem Salto, gelangte dabei allerdings in Vorderlage, verlor das Gleichgewicht<br />
und prallte beim Aufkommen bäuchlings auf den Bühnenboden der<br />
Düsseldorfer Stadthalle. Der Kandidat erlitt schwere Wirbelsäulenverletzungen,<br />
musste in ein künstliches Koma versetzt werden und wird voraussichtlich<br />
dauerhaft querschnittsgelähmt bleiben.<br />
Dieses traurige Ereignis, das die Öffentlichkeit in allen zugeschalteten<br />
Ländern dieser Eurovisionssendung über viele Tage und Wochen beschäf-