Kapitel 1 - Humboldt-Universität zu Berlin
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spielen. Allerdings unterscheiden sich die versunkenen Kosten im Bereich der Filmwirtschaft<br />
grundsätzlich von den versunkenen Kosten, die normalerweise in der ökonomischen Theorie<br />
betrachtet werden. 65 Während das Kalkül der „normalen“ versunkenen Kosten innerhalb einer<br />
Filmproduktion eine Rolle spielt, z.B. in der Entscheidung, Dreharbeiten aufgrund<br />
unerwarteter Kosten ab<strong>zu</strong>brechen oder fort<strong>zu</strong>setzen, so müssen Produzenten und Verleiher,<br />
die verschiedene Filme auf kontinuierlicher Basis herstellen und finanzieren, diese<br />
Investitionskosten als operative Kosten behandeln. Baumol (2006) führt hier<strong>zu</strong> den Begriff<br />
der wiederkehrenden versunkenen Kosten (engl.: repeatedly sunk costs) ein. Dieses Konzept<br />
findet auch im Falle des Films bzw. der Filmfinanzierung unbedingte Anwendung:<br />
„For in technical innovation as in artistic creation, the need never to replicate, or at<br />
least not to do so precisely, means that investment is required each time an output<br />
emerges. That investment is sunk in the production of that novel item. Thus in both<br />
fields the need to sink costs is inescapably a frequently repeated if not continual<br />
phenomenon.” 66<br />
Dieses Problem verstärkt sich, je höher die Investitionskosten relativ <strong>zu</strong> den übrigen Kosten,<br />
z.B. für die Verbreitung, liegen. Wie im historischen Abriss in <strong>Kapitel</strong> 2 dieser Arbeit bereits<br />
angedeutet wurde, sind die Kosten für die Herstellung von Filmen in den letzten 100 Jahren<br />
aus den unterschiedlichsten Entwicklungen heraus relativ stark gestiegen 67 , z.B. durch die<br />
Einführung des Tonfilms, den Übergang von Kurz- <strong>zu</strong> Langfilmen, Kompensationen für<br />
Stars, und den permanenten Druck <strong>zu</strong>r Steigerung der Attraktivität. Eine weitere ökonomische<br />
Begründung für einen Anstieg der Kosten im Filmbereich bietet die Baumol’sche<br />
Kostenkrankheit:<br />
Die Grundlage der Baumol’schen Kostenkrankheit (1966, 2006) bildet die Annahme, dass es<br />
in einer Ökonomie einen Sektor A gibt, in dem die Produktivität der Arbeit konstant ist,<br />
während sie im übrigen Teil der Ökonomie mit einer Rate r, <strong>zu</strong>m Beispiel aufgrund einer<br />
<strong>zu</strong>nehmenden Substitution von Arbeit durch Kapital, wächst. Weiterhin wird angenommen,<br />
dass die Löhne pro Arbeitseinheit in allen Sektoren dieselben sind, und dass alle Löhne bzw.<br />
das allgemeine Lohniveau mit der Produktivität r der wachsenden Sektoren <strong>zu</strong>nimmt. Das<br />
65 Vgl. z.B. Samuelson, Nordhaus (1998), S. 203f.<br />
66 Vgl. Baumol (2006), S. 348.<br />
67 Vgl. Baumol (2006), S. 348: „The investments that are routinely incurred in the production of a new film […]<br />
dwarf anything previously experienced […].”<br />
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