Kapitel 1 - Humboldt-Universität zu Berlin
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(2006) vor allen Dingen den jüngeren Individuen helfen, ihre souveränen Entscheidungen in<br />
der Zukunft mit bestem Wissen und <strong>zu</strong> geringeren Kosten <strong>zu</strong> treffen.<br />
„Thus, what appears to be imposed choice may be compatible, in the longer run, with<br />
the objective of intelligent free choice.” 194<br />
So könnte der Staat Forschungsarbeiten in Auftrag geben, um heraus<strong>zu</strong>finden, welche Filme<br />
pädagogisch und künstlerisch in Be<strong>zu</strong>g auf die Bildung von Geschmack „wichtig“ sind.<br />
Möglicherweise kommt man <strong>zu</strong> dem Schluss, dass Filme von Bergmann, Fellini oder Florian<br />
Henckel von Donnersmarck 195 besonders geeignet sind, den Geschmack <strong>zu</strong> „erziehen“ und<br />
dadurch den Nutzen des <strong>zu</strong>künftigen Konsums <strong>zu</strong> erhöhen, während der vierte Teil von<br />
Rambo (2007) weniger geeignet ist, Erfahrung und Geschmack <strong>zu</strong> entwickeln. 196 Es ist daher<br />
durchaus denkbar, dass nicht jeder Film die gleiche öffentliche Aufmerksamkeit seitens des<br />
Staates begründet. Analog da<strong>zu</strong> werden in den Schulen in Deutschland Literatur, Musik und<br />
Kunst auf derselben Grundlage gelehrt, auch wenn die Präferenzen der Kinder <strong>zu</strong>nächst<br />
anders sprechen mögen. In Bereichen wie der Gesundheit ist der Staat vermutlich ebenso<br />
besser und kostengünstiger in der Lage, Studien über die Folgen des Rauchens oder des<br />
Heroinkonsums an<strong>zu</strong>stellen, diese <strong>zu</strong> veröffentlichen und somit Aufklärung <strong>zu</strong> betreiben. Eine<br />
solche Information, die selbst ein öffentliches Gut darstellt, wäre für ein einzelnes Individuum<br />
vermutlich nur unter sehr hohen Kosten <strong>zu</strong> erhalten (d.h. es müsste die Studie selbst in<br />
Auftrag geben). Diesbezüglich ist auch das Vorliegen asymmetrischer Information zwischen<br />
Filmneuheiten und älteren Filmen <strong>zu</strong> nennen: Während erstere <strong>zu</strong>m Teil massiv beworben<br />
werden und Mund-<strong>zu</strong>-Mund Propaganda eine wichtige Rolle spielt, so ist dies bei älteren<br />
Filmen prinzipiell nicht mehr der Fall. Im schlechtesten Fall geraten sie in Vergessenheit. 197<br />
194<br />
Vgl. Musgrave (1969), S. 56.<br />
195<br />
Er ist der Regisseur von Das Leben der Anderen (2006), der 2007 den Oscar für den besten fremdsprachigen<br />
Film gewann.<br />
196<br />
Diese Beispiele sind <strong>zu</strong>nächst natürlich vollkommen willkürlich. Es liegen dem Autor dieser Arbeit keine<br />
Studien darüber vor. Dasselbe gilt also natürlich vice versa. Die Beispiele Fellini und Bergmann sind aus Frey<br />
(2001) herangezogen worden. Darin zählt er diese Regisseure/Autoren <strong>zu</strong> den higher arts. Vgl. Frey (2001), S.<br />
97. Eine solche These ist nicht aus ökonomischer Sicht <strong>zu</strong> begründen, was nicht heißt, dass sie nicht aufgestellt<br />
werden sollte. Insbesondere im Feld der Pädagogik, Psychologie, Soziologie oder Kunsttheorie könnten hier<br />
überzeugende Konzepte entwickelt werden.<br />
197<br />
Zwar haben technologische Entwicklungen wie die digitale Speicherung da<strong>zu</strong> geführt, dass jeder Film<br />
praktisch unendlich lange aufbewahrt und damit auch in der Zukunft konsumiert werden kann, allerdings geht es<br />
hier insbesondere um die Rolle der Informationsvermittlung: Sie begünstigt grundsätzlich neuere und aktuelle<br />
Filme.<br />
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