Kapitel 1 - Humboldt-Universität zu Berlin
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Diese Argumentation scheint jedoch höchst fragwürdig und wissenschaftlich nicht besonders<br />
gehaltvoll. Die in <strong>Kapitel</strong> 3 thematisierte unvollständige Information und die Eigenschaft des<br />
Films als Erfahrungsgut können allerdings eine normative Begründung liefern, warum der<br />
Staat tätig werden sollte: In <strong>Kapitel</strong> 3 dieser Arbeit wurde festgestellt, dass die Individuen im<br />
Falle des Films nur unvollkommen informiert sind. Zudem sind der Konsum und damit die<br />
Nachfrage nach Filmen unter anderem abhängig vom vergangenen Konsum. Außerdem wurde<br />
angenommen, dass der Geschmack im Falle von Filmgütern unter anderem abhängig von<br />
Investitionen in ein so genanntes film capital ist. 191 Anders formuliert kann erst durch<br />
Investition in Wissen und Erfahrung eine positive Schät<strong>zu</strong>ng bestimmter Filme erlangt<br />
werden.<br />
Aus diesen drei Eigenschaften kann gefolgert werden, dass der Staat möglicherweise ein<br />
wichtiges (<strong>zu</strong>sätzliches) Instrument der marktunabhängigen Informationsbereitstellung bilden<br />
sollte. Vergangener Konsum ist bei manchen Individuen möglicherweise noch gar nicht<br />
vorhanden (oder nur un<strong>zu</strong>reichend), Informationen sind knapp, <strong>zu</strong> einseitig bereitgestellt oder<br />
<strong>zu</strong> kostspielig <strong>zu</strong> erwerben. Genauso kann es für manche Individuen nicht wünschenswert<br />
oder durch ihre Budgetbeschränkung unmöglich sein, ein möglichst breites film capital<br />
auf<strong>zu</strong>bauen.<br />
„Ultimately, the question is whether investment in quality of choices requires public<br />
support. The strongest argument for doing so is that individuals, particularly the<br />
young, underestimate the benefits from such investment because it is only in retrospect<br />
that its benefits become apparent.” 192<br />
Allerdings hat diese Argumentation zwei entscheidende Einschränkungen: Erstens kann eine<br />
Filmförderung, die überwiegend auf die Angebotsseite abzielt, damit nicht erklärt werden. 193<br />
Vielmehr liegt der Schwerpunkt innerhalb dieses Arguments auf der un<strong>zu</strong>reichenden<br />
Erfahrung und Information der Individuen, also im Konsumbereich. So wäre es folgerichtig,<br />
diese Lücke <strong>zu</strong> füllen, <strong>zu</strong>m Beispiel durch vom Staat finanzierte Bildungsmaßnahmen. Diese<br />
sollten im Sinne einer normativen Begründung für eine Staatsaktivität nicht wie eine<br />
auferlegte Meinung gestaltet sein, sondern den Konsumenten und in Anlehnung an Peacock<br />
191 Vgl. Throsby (2001), S. 115.<br />
192 Vgl. Peacock (2006), S. 1134.<br />
193 Knapp 59 % der deutschen Filmförderung auf Bundesebene (2007 gesamt : 169,2 Millionen Euro) flossen in<br />
die Produktionsförderung. Vgl. FFA (2008): „Infoblatt 01/08“, S. 8. Eigene Berechnungen.<br />
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