Die globale Güterkette der Aluminiumindustrie - aluwatch
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Das Fallbeispiel Brasilien<br />
Elektrogeräteindustrie), sie verwandelte Brasilien in dieser Periode von einem landwirtschaftlich<br />
geprägten Entwicklungsland in einen Produzenten von Industriegütern.<br />
An diesem Prinzip einer nachholenden Entwicklung hielt auch die nach dem gewaltsamen<br />
Putsch im Jahre 1964 an die Macht gekommene Militärregierung fest. Sie versuchte zunächst<br />
die steigende Inflation und das wachsende Zahlungsbilanzdefizit 74 durch die Eindämmung<br />
<strong>der</strong> Staatsausgaben zu bremsen, schwenkte dann aber schnell wie<strong>der</strong> auf einen<br />
expansiven Kurs um und erhöhte die staatlichen Investitionen in Infrastruktur und Staatsbetriebe<br />
drastisch 75 . <strong>Die</strong>s führte zwischen den Jahren 1968 und 1973 zwar einerseits zum sog.<br />
brasilianischen Wirtschaftswun<strong>der</strong> (milagre brasileiro), einem spektakulären Wirtschaftswachstum<br />
in Verbindung mit einem boomenden Außenhandel, an<strong>der</strong>erseits aber zu weiter<br />
steigenden Importen, die nur durch Auslandsschulden finanziert werden konnten 76 . Trotz <strong>der</strong><br />
ersten Ölkrise und einer Vervierfachung des Ölpreises 77 hielt das Regime auch nach 1973<br />
an dem exportorientierten und schuldenfinanzierten Wachstumskurs fest und begann darüber<br />
hinaus mit <strong>der</strong> Umsetzung des ambitionierten Entwicklungsplans PND II 78 , <strong>der</strong> die<br />
Selbstversorgung elementarer Industrieinputs wie Stahl, Aluminium und Düngemittel sicherstellen<br />
sollte und darüber hinaus Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen (Wasserkraftwerke,<br />
Atomkraftwerke, Transportwesen, Telekommunikation) vorsah. Von Anfang an war dabei<br />
die Erschließung und die umfassende Nutzung <strong>der</strong> natürlichen Ressourcen Amazoniens eine<br />
wichtige Komponente dieses Entwicklungsmodells <strong>der</strong> Militärregierung. Beson<strong>der</strong>s deutlich<br />
wird das an dem gewaltigen Programa Grande Carajás (PGC), das infolge des PND II entstand.<br />
Das Carajás-Programm sah vor, unter Fe<strong>der</strong>führung des Staatsbetriebes CVRD durch<br />
massive Investitionen in Transportinfrastruktur (Hafenanlagen, Straßen, Eisenbahnlinien),<br />
Bergbau (vor allem Eisenerz), Metallurgie und Siedlungsprojekte einen Industriekorridor zu<br />
schaffen, <strong>der</strong> den nordöstlichen Teil <strong>der</strong> Küstenstadt São Luís mit den rohstoffreichen Amazonasgebieten<br />
<strong>der</strong> Bundesstaaten Pará und Maranhao verbindet. Das Herzstück war ein<br />
Eisenerzprojekt im Konzessionsgebiet <strong>der</strong> Serra dos Carajás, parallel wurde aber auch <strong>der</strong><br />
Ausbau <strong>der</strong> <strong>Aluminiumindustrie</strong> mit dem Programm vorangetrieben. Das PGC wurde durch<br />
verschiedene, von <strong>der</strong> Weltbank koordinierte Kredite finanziert, u.a. aus Deutschland, Korea<br />
und Japan, sowie technisch von japanischen Beratungsfirmen begleitet 79 . 1979 begann unter<br />
<strong>der</strong> Regierung Figueiredo die Umsetzung, 1985 verließ die erste Ladung Eisenerz Amazonien<br />
80 .<br />
74<br />
<strong>Die</strong> gesteigerte industrielle Produktion erfor<strong>der</strong>te massive Importe (z.B. Maschinen), für <strong>der</strong>en Finanzierung die Deviseneinnahmen<br />
<strong>der</strong> Exporte bei weitem nicht ausreichten.<br />
75<br />
In diese Phase des staatlichen „Programmes <strong>der</strong> nationalen Integration“ fiel z.B. <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Transamazônica.<br />
76<br />
<strong>Die</strong>se Phase wird daher auch als crecimento com endividamento (Wachstum durch Verschuldung) bezeichnet<br />
77<br />
Brasilien musste zu dieser Zeit noch 80% seines Erdölbedarfs importieren<br />
78<br />
Segundo Plano Nacional de Desenvolvimento von 1975.<br />
79<br />
Für die japanischen Unternehmen hatte <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> Eisenerzför<strong>der</strong>ung in Brasilien enorme strategische Bedeutung. <strong>Die</strong><br />
japanische weiterverarbeitende Industrie hatte einen großen Bedarf an Eisen und Stahl und versuchte durch die Sicherung <strong>der</strong><br />
Reserven in Amazonien die Marktführerschaft <strong>der</strong> USA herauszufor<strong>der</strong>n und gleichzeitig einen Großteil <strong>der</strong> Investitionskosten<br />
auf den brasilianischen Staat abzuwälzen (Vgl. BUNKER & CICCANTELL 2005).<br />
80<br />
Das Programa Grande Carajás stieß aufgrund weitreichen<strong>der</strong> ökologischer und sozialer Folgen auf massiven Wi<strong>der</strong>stand.<br />
(Vgl. HALL 1989, BÜNNING 1992).<br />
74